Eigentlich würden die Kinder am liebsten gleich loslegen, denn heute wird es besonders spannend. Im Garten der Bremer St.-Magni-Kita stehen zwei nagelneue Hochbeete, die bepflanzt werden wollen. Aber die Arbeit zu verteilen, das wäre schon wichtig.
"Wer kann gut buddeln?", fragt Kita-Leiterin Carola Schmidt. Sofort schnellen alle Finger hoch. "Und kann jemand eine Schubkarre fahren?" Wieder melden sich alle Kinder. "Lauter Profis hier", freut sich die Erzieherin und teilt Fünfergruppen ein. "Na, dann kann es ja losgehen."
Zuerst soll grobes Material in das Hochbeet: Äste, Zweige und Laub, Grünzeug, das erstmal vom Komposthaufen der Kirchengemeinde St. Magni im Bremer Norden herbeigeschafft werden muss. Und bis zum Haufen sind es ein paar Hundert Meter. Also ist es bei allem Feuereifer ganz gut, wenn sich die Kinder an der Schubkarre abwechseln. Laub und Kompost dann in die Karre zu schaufeln, das wiederum geht fast wie von selbst.
"Reicht, reicht, reicht", stoppt Carola Schmidt die Jungen und Mädchen, denen das Wühlen im Laub sichtlich Spaß bereitet. "Jetzt gehen wir zurück in den Garten."
"Nur was wir kennen, können wir schützen"
Die Hochbeet-Aktion ist Teil eines Modellprojektes, das mit Geldern vom Bund und von der Bremischen Evangelischen Kirche finanziert wird. "Schöpfungsfreundliche Kitas - Gemeinsam für eine lebenswerte Welt", kurz "Schöki", heißt die Initiative. Es geht darum, Umwelt- und Klimaschutz einzuüben - nicht nur mit den Kindern, sondern auch mit Eltern und Mitarbeitenden.
"Unser Ziel ist ein achtsamer Umgang mit Menschen, Tieren, Pflanzen und Ressourcen - von Anfang an", sagt Projektleiterin Bettina Kittelmann. Dabei seien insbesondere bei den Kindern Naturerfahrungen wichtig, nach dem Motto: "Nur was wir kennen, können wir schätzen und schützen."
Erwachsene als Vorbilder
"Schöki - das ist eine Haltung, die sich durch den ganzen Kita-Alltag zieht", verdeutlicht Carola Schmidt. Das fängt an beim sparsamen Umgang mit Strom, Wärme und Wasser und führt über Mülltrennung und naturnahe Gartengestaltung bis zu klimafreundlich und regional produzierten Lebensmitteln, die in der Küche verarbeitet werden. "Wichtig dabei ist immer, dass die Kinder Selbstwirksamkeit erleben, dass sie im wahrsten Sinne des Wortes selbst begreifen, was wichtig ist", sagt Schmidt und bekräftigt: "Vormachen und mitmachen."
Carsten Schlepper, Vorstandsvorsitzender der Bundesvereinigung Evangelischer Tageseinrichtungen und Chef der evangelischen Kitas in Bremen, betont dabei die Rolle der Erwachsenen: "Entscheidend bei der Umwelterziehung ist unser Vorbild - Kinder gehen mit großen Augen und Ohren durch den Alltag." Er wünsche sich, dass aus dem Bremer Modellprojekt ein Selbstverständnis erwachse, das jede Kita präge: "Die Bewahrung der Schöpfung ist schließlich eine Querschnittsaufgabe, die uns alle angeht."
Selbst anpacken begeistert
Schöki, Ener:kita, "grüne Küken", "Klimafüchse", Klima-Kita-Netzwerk - Das sind Projekt-Beispiele aus Deutschland, die zeigen, dass sich tatsächlich bundesweit immer mehr Kitas den Klimaschutz auf die Fahnen schreiben, spielerisch vermittelt. Wie in Bremen geht es dabei oft nicht nur um Aktionen mit den Kindern, Kita-Besuche auf Biohöfen und Schulungen für Mitarbeitende, sondern ganz konkret auch ums Energiesparen bei Wasserverbrauch, Leuchtmittel, Heizung und Wärmedämmung.
Dabei können natürlich wieder die Kinder helfen, die beispielsweise als "Energiedetektive" und "Müllpolizisten" darauf achten, dass nicht unnötig Licht brennt oder Bonbonpapier einfach so in die Gegend geworfen wird. "Die Dinge werden selbstverständlich, wenn sie in den Alltag integriert und von klein auf gelernt werden", beschreibt Kittelmann die große Chance der Umwelterziehung noch im Vorschulalter. Es sind wie so oft kleine Schritte mit großer Wirkung: Zu Fuß zur Kita gehen, das Wasser beim Zähneputzen nicht die ganze Zeit laufen lassen, losziehen und Müll sammeln.
Dazu gibt es bei Schöki ausleihbare "Themenkisten", mit denen kindgerecht Fragen zu Wärme, Wasser, Ernährung und Strom vertieft werden können. So umfassend das Thema sei, so umfassend müsse auch zusammen gearbeitet werden, betont Kita-Experte Schlepper. Dieser Aufgabe müssten sich neben den Eltern eben auch die Träger der Einrichtungen stellen: "Es geht darum, dass Kinder eine Haltung für verantwortliches Handeln auf Erden entwickeln."
Das Beispiel von St. Magni zeigt: Die Voraussetzungen sind gut. Lust und Neugier bei den Kleinsten sind ohnehin da. Die Begeisterung für das Thema ist bei den Kindern schnell geweckt, wenn sie selbst anpacken können. Unermüdlich karren immer neue Gruppen Äste, Laub und Kompost in den Kita-Garten - die besten Voraussetzungen also für die Kräuter und die Erdbeeren, die auf Wunsch der Kinder dieses Jahr in den Hochbeeten wachsen sollen.