Peter Schaal-Ahlers ist Pfarrer am Ulmer Münster, Søren Schwesig ist der Mann am Klavier und Stadtdekan von Stuttgart. Die Geschichte des Kabarettduos "Die Vorletzten" begann 2001, als beide noch in Schwäbisch Hall waren. Mit ihrem ersten Kabarettversuch "Billiger, billiger, billiger" bearbeiteten die beiden dort das Thema "verkaufsoffener Sonntag". Die Resonanz war überraschend überwältigend, bald gingen die Anfragen weit über den eigenen Kirchenbezirk hinaus. In starken Jahren traten die beiden mehr als 25 Mal auf, sie spielten in Stendal und Bad Honnef und auf Kirchentagen in Bremen und Hamburg. Inzwischen sind sie zugunsten von Hauptberuf und Familie etwas kürzergetreten.
"Kabarett ist ein wichtiger Teil meines Lebens", sagt Schaal-Ahlers. "Texte von Häberle & Pfleiderer konnte ich schon mit zehn Jahren auswendig." Mit dem Schwäbisch Haller Revue-Ensemble "Die Achtlosen" sammelte er jahrelang Kleinkunsterfahrung. Er ist der Texter der beiden. Stellt er seinem Bühnenpartner ein neues Werk vor, zeigt dieser in der Regel die gefürchtete Standardreaktion: "Das ist nicht lustig." Dann beginnt das Hin und Her, das gemeinsame Feilen und Polieren, bis aus dem neuen Text eine weitere Perle wird.
Der Name "Die Vorletzten" geht auf den Theologen Dietrich Bonhoeffer (1906 - 1945) zurück. Er betonte die Unterscheidung zwischen den "letzten Dingen", wie dem Tod und dem Himmel, und dem, was nur irdisch und vorläufig ist. "Wir wissen alle, dass wir nur auf Zeit hier sind", sagt Schaal-Ahlers. Über die irdischen, vorletzten Dinge und Gottes Bodenpersonal machen die beiden entspannt ihre Späße, über die "letzten Dinge" hingegen nie.
Von der Kirchenleitung wurden sie in 22 Jahren noch nie reglementiert, haben dort viele Leute mit sehr viel Humor erlebt. "Leute mit Format haben oft Humor", sagt Schaal-Ahlers. Beim Publikum beobachten sie feine Unterschiede. "Bei Katholiken ist es sehr viel einfacher mit dem Lachen", sagt Schwesig. "Evangelisches Publikum muss man erst erobern."
Die beiden spielen auch außerhalb der Kirche, denn ihre Themen sind breit gefächert, das kann auch mal bei einem Autohersteller sein. Nach einem strengen Konzernauftritt schätzten sie noch mehr, wie viel entspannter und mit innerer Distanz es sich in der Kirche lebt. Diese gesunde Distanz haben die beiden auch intern: "Wir lachen viel über uns selbst", sagen beide.
Sie haben erlebt, wie leicht sie sich bei der Einschätzung des Publikums irren können. Schwesig erzählt vom versteinerten Blick einer Zuschauerin, der ihn irritierte. Nach dem Auftritt kam die Frau zu ihm, er machte sich auf harte Kritik gefasst. "Ich habe noch nie so gelacht wie an diesem Abend", sagte die Frau. Ihre äußere Konzentration hatte ihr innerliches Lachen verborgen. Schwesig hat auch gelernt, Pausen zu wagen: die Stille auszuhalten, bis "der Groschen" beim Publikum gefallen ist.
Das Programm ist nie fertig, es wandelt sich ständig - wobei Schwesig sich treuer an die Vorlage hält als Schaal-Ahlers, der gerne variiert und improvisiert. "Ich brauche einen einstudierten Text als Grundlage, dann habe ich auch die Freiheit zu Ausflügen", sagt Schwesig. Gemeinsam wagen die beiden etwas. "Man muss an die Grenzen gehen, aber ohne zynisch zu werden", sagt Schaal-Ahlers. Ein Kabarettkollege bescheinigte den beiden einmal, sie kämpften nicht mit dem Schwert, sondern feinsinnig mit dem Florett. Dass es dennoch immer Leute gibt, die an irgendetwas Anstoß nehmen, nehmen die beiden in Kauf. Doch sie halten Humorlosigkeit für lebensgefährlich. "Glaube ohne Humor wird bigott", sagt Schaal-Ahlers.
Nach so langer Zeit haben "die Vorletzten" viel Material, können ihr Programm anpassen - je nachdem, ob der Saal voll von Ruhestandspfarrern, Pfarramtssekretärinnen oder kirchendistanzierten Menschen ist. Sie schlüpfen in die Rolle von Mesnern, Kirchenmusikern und vielen anderen. Die beiden erwarten nicht, mit ihrem Programm große gesellschaftliche Veränderungen auszulösen. Menschen in schweren gesellschaftlichen Zeiten aus ihrer Trübsal zu entführen, sei schon viel, sagt Schaal-Ahlers. Trotzdem zeige ihr Kabarett auch Alternativen: "Wir zeigen, die Welt könnte auch ganz anders sein."