Klimaaktivist:innen haben am Donnerstag zusammen mit Prominenten einen Protestzug gegen die Räumung von Lützerath gebildet. Einige der Teilnehmer, darunter die "Fridays for Future"-Aktivistin Luisa Neubauer, blockierten eine Zufahrtsstraße Richtung Lützerath. Wenn die Regierung das Pariser Abkommen verletzte, sei friedlicher Protest nötig, erklärte sie in einem Live-Video im sozialen Netzwerk Instagram. "Der Widerstand lebt." Unterdessen haben die Abrissarbeiten und Rodungen begonnen.
Es gehe bei den Protesten nicht um ein Symbol, sondern "um 280 Millionen Tonnen CO2 unter dem Dorf", die nicht freigesetzt werden dürften, hatte Neubauer zuvor bei einer Pressekonferenz erklärt. Sie bestätigte zudem, dass am Samstag auch die schwedische Klimaaktivistin Greta Thunberg in Lützerath erwartet werde.
Die Präses der Synode der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), Anna-Nicole Heinrich, drückte auf Instagram ihre Solidarität mit den Klimaschützern aus. In ihrem Post lobte sie die Initiative "Kirche im Dorf lassen", die in den vergangenen Monaten die Eibenkapelle in Lützerath als ökumenischen Ort des Widerstands genutzt hatte.
"Wir brauchen Orte wie die Eibenkapelle, die Hoffnung geben und Kraft zum beherzten Handeln gegen die Klimakatastrophe, auf die wir zurasen", schrieb Heinrich. Die EKD-Präses dankte allen, die sich "gewaltlos für Klimaschutz, für Klimagerechtigkeit, für die Bewahrung der Schöpfung einsetzen". Seit Mittwoch läuft die polizeiliche Räumung des Orts, der für den Braunkohletagebau von RWE weichen muss.
"Fridays for Future" wirft Polizei Gefährdungen vor
Lamin Chukwugozie, der sich mit der Gruppe "Lützerath lebt!" an den Blockaden beteiligt, verwies im WDR-Radio auf die verheerenden Schäden, die die Klimakrise weltweit anrichte. Das sei zuletzt etwa bei den Fluten im Ahrtal oder in Bangladesch deutlich geworden. Das Argument der Energiesicherheit sehe er nicht als maßgeblich, sagte Chukwugozie. Es gebe viele Einsparpotenziale, die keine Existenzen bedrohten.
Klimaaktivist:innen kritisierten zudem das Vorgehen der Polizei bei der Räumung des Dorfes. Das Land Nordrhein-Westfalen und Innenminister Herbert Reul (CDU) hielten sich nicht an ihr Versprechen einer "ruhigen, überlegten Räumung", sagte Pauline Brünger von "Fridays for Future". Die Sicherheit der Protestierenden vor Ort werde unter anderem durch nächtliche Räumungen "aktiv gefährdet".
Grüne Minister verteidigen Kompromiss
Die Aachener Polizei erklärte auf Twitter, dass RWE für Journalisten und Beobachter vor Ort wegen der Baumfäll- und Abrissarbeiten einen Haftungsverzicht verlange. Dieser müsse an der Medienanlaufstelle unterschrieben werden. Zudem sei das Tragen von Helm und Warnweste zwingend erforderlich.
NRW-Umweltminister Oliver Krischer und Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) verteidigten erneut den Kompromiss, der zur Abbaggerung des Ortes führt. "Die Kohle unter Lützerath muss in Anspruch genommen werden, damit wir wirklich auch eine Versorgungssicherheit haben", sagte Krischer dem WDR-Radio.
Habeck hatte am Mittwochabend im "heute journal" des ZDF erklärt, dass Lützerath leider nicht mehr zu retten gewesen sei und mit Blick auf die Proteste hinzugefügt: "Mit großem Respekt vor der Klimabewegung ist meiner Ansicht nach der Ort das falsche Symbol."
Unterdessen schloss sich auch das katholische Hilfswerk Misereor der Forderung nach einem Moratorium für die Räumung an. Es sei Besonnenheit sowie "eine Denk- und Gesprächspause" nötig, um einen gemeinsamen Weg für alle Akteurinnen und Akteure zu finden, mahnte das Aachener Werk für Entwicklungszusammenarbeit. Der Konflikt zwischen der Einhaltung des Klimaziels, die Erderhitzung auf 1,5 Grad zu begrenzen, und der Sorge um die Versorgungssicherheit Deutschlands müsse gelöst werden.
Seit Mittwoch räumt die Polizei den von Protestierenden besetzten und verbarrikadierten Ort Lützerath. Am ersten Einsatztag wurden laut Polizei drei Einsatzkräfte leicht verletzt, ebenso zwei Personen aus dem Protestlager.