Etwa 2.000 Menschen haben sich laut Polizei im Laufe des Sonntags in Lützerath versammelt und gegen die geplante Räumung für den Braunkohletagebau Garzweiler II protestiert. Dabei sei es am Ende auch zu Gewalt gegen Einsatzkräfte gekommen, erklärte die Polizei Aachen am Sonntagabend.
Aus Sicht des nordrhein-westfälischen Innenministers Herbert Reul (CDU) setzt aber nur eine kleine Minderheit der Klimaschutzbewegung auf Radikalität, um die Abbaggerung des Dorfes Lützerath zu verhindern. "Die meisten, die da demonstrieren, sind vernünftige Menschen, die ein echtes Anliegen haben", sagte Reul am Montag im "Morgenmagazin" des ZDF zu den Protesten gegen die Gewinnung von Braunkohle im Rheinland. Doch sei das Risiko groß, dass die Auseinandersetzungen von Minderheiten beherrscht würden. "Ein Kompromiss soll jetzt umgesetzt werden", unterstrich Reul. Der Polizei bleibe keine andere Wahl als die Räumung des Ortes, der nur aus drei Häusern bestehe. Es gehe um eine "klitzekleine Einheit".
Der Aachener Polizeipräsident, Dirk Weinspach, sagte am Montagmorgen im WDR Radio, er erwarte einen herausfordernden Einsatz "mit vielen Risiken". Die Szene der Demonstrierenden sei nach bisherigen Erfahrungen gemischt, aber "überwiegend bürgerlich und friedlich orientiert". Wie groß der gewaltbereite Teil sei, werde sich in den kommenden Tagen zeigen.
Am Sonntag seien nach dem Ende eines Konzerts und eines friedlichen Dorfspaziergangs etwa 300 Menschen auf der Veranstaltungsfläche geblieben, hieß es. "Ohne erkennbaren Grund schlug die friedliche Stimmung in eine feindselige Atmosphäre um." Es seien Steine auf Sicherheitskräfte und Polizeibeamte geworfen worden. Zudem berichtete die Polizei von Sachbeschädigungen und Eigentumsdelikten. Die Kommunikationskräfte der Polizei Aachen seien bei Versuch der Vermittlung angegriffen worden.
Die Polizei appelliert erneut an die Aktivistinnen und Aktivisten vor Ort, sich von Straftaten zu distanzieren und friedlich zu verhalten. Am Montagmittag wollte die Polizei Aachen die Öffentlichkeit darüber informieren, wie die geplante Räumung des Weilers Mitte Januar ablaufen soll. Umweltverbände und Klimagruppen planen am kommenden Samstag (14. Januar) eine weitere große Demonstration.
Der Energiekonzern RWE will den Weiler am Tagebau Garzweiler abreißen lassen, um die Braunkohle darunter abzubaggern. Der zuständige Landrat des Kreises Heinsberg, Stephan Pusch (CDU), hat dazu eine sogenannte Räumungsverfügung erlassen. Lützerath ist damit Sperrgebiet. Gemäß der Verfügung ist "ab dem 10. Januar 2023 mit der Ergreifung von Maßnahmen der Verwaltungsvollstreckung durch Ausübung von unmittelbarem Zwang" - also einer Räumung durch die Polizei - zu rechnen. Klimainitiativen wollen die Räumung blockieren, um den Abbau der Kohle unter dem Weiler zu verhindern.
Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck und die nordrhein-westfälische Wirtschaftsministerin Mona Neubaur (beide Grüne) hatten sich im Oktober 2022 mit RWE auf einen vorgezogenen Braunkohleausstieg von 2038 auf 2030 verständigt. Die Vereinbarung sieht außerdem vor, die noch zur Verstromung verfügbare Braunkohlemenge im Tagebau Garzweiler II auf rund 280 Millionen Tonnen zu halbieren. Fünf bislang von Umsiedlung bedrohte Dörfer im rheinischen Revier sollen erhalten bleiben. Der umkämpfte Ort Lützerath allerdings soll den Kohlebaggern weichen.