Als die 25-jährige Elizabeth im Februar 1952 die Nachricht erreichte, dass sie fortan Königin von England ist, war sie gerade zum Staatsbesuch in der britischen Kolonie Kenia. Seit 1895 hatten ihre Vorfahren das Land besetzt. Der wachsende Zorn über die Ausbeutung der Kolonialherrschaft mündete gerade in den Beginn der Mau-Mau-Rebellion.
20 Kolonien und sogenannte Protektorate auf dem afrikanischen Kontinent übernahm die Queen von ihrem Vater, König Georg VI., weitere Länder waren zwar keine Kolonien mehr, aber noch immer Teil des weltumspannenden britischen Empire. Meist herrschte ein brutales Regime über die lokale Bevölkerung, ausgerichtet auf die Vorteile, die das jeweilige Gebiet dem britischen Reich brachte. In Kenia zum Beispiel bekamen britische Siedler Land zum Anbau von Tee und Gemüse. Die eigentlichen Bewohner wurden in Lagern interniert und mussten Zwangsarbeit leisten.
Widerstand wie die Mau-Mau-Rebellion in Kenia wurde brutal niedergeschlagen, ganze Familien kamen in Sippenhaft. Nach offiziellen Angaben wurden während der Mau-Mau-Aufstände mehr als 10.000 Kenianerinnen und Kenianer ermordet, andere Schätzungen gehen von vielen tausend weiteren zivilen Opfern aus. Die Mau Mau töteten 32 britische Siedlerinnen und Siedler und Hunderte kenianische Zivilisten.
Verantwortlich für Verbrechen im Namen der britischen Krone
Elizabeth II. war als Staatsoberhaupt verantwortlich für die Verbrechen, die im Namen der Britischen Krone begangen wurden. Verfolgt wurden diese nur in den seltensten Fällen, entschuldigt hat sich die Krone bisher nicht. Aktuell klagt eine Gruppe von Kenianerinnen und Kenianern am Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte gegen die Zwangsvertreibung durch die Briten in der Kolonialzeit.
In den darauf folgenden Amtsjahren wurden mehr und mehr Länder unabhängig - zuerst Ghana 1957. Die Queen versuchte, das Commonwealth zusammenzuhalten, besuchte Ghana 1961, tanzte mit dem ersten Präsidenten Kwame Nkrumah. Und so ging es weiter, bis zuletzt Simbabwe 1980 unabhängig wurde - mit einer Abstimmung des britischen Parlaments, und der notwendigen königlichen Zustimmung.
Mit den unabhängigen Staaten wollte die Queen gern ein freundschaftliches Verhältnis pflegen. Dutzende Staatsbesuche machte sie auf dem Kontinent. Doch ihre Haltung stieß nicht immer auf Gegenliebe - das wird auch nach ihrem Tod deutlich. So twitterte der kenianische Autor Mukoma wa Ngugi, dass er sich vielleicht angesichts des Ablebens der Königin schlecht fühlen würde, hätte sie sich für Sklaverei, Kolonialismus und Neokolonialismus entschuldigt und Entschädigung für die Millionen Menschenleben angeboten, die im Namen der Krone beendet wurden. "Ich als Kenianer fühle aber nichts." Mit dieser Einschätzung ist der Sohn des bekannten Autors Ngugi wa Thiong’o nicht allein.
Heute stehen vor allem Wirtschaftsförderung und Kulturprogramme im Fokus der Beziehungen zwischen Großbritannien und den ehemaligen Kolonien. Die königliche Familie beschäftigt sich derweil gern mit der Tierwelt des Kontinents. Elizabeths Nachfolger Charles III. war erst vergangene Woche in Ruanda und hat dort an der Namensgebung der neugeborenen Gorillas mitgewirkt. Er nannte das Gorilla-Baby "Ubwuzuzanye", auf deutsch Harmonie. Er betonte die Wichtigkeit des Umweltschutzes - und die vorbildliche Haltung Ruandas.
Vor wenigen Monaten war er bereits zum Commonwealth-Gipfel dort gewesen, wo er von seinem "persönlichen Schmerz" über das "Leiden so vieler Menschen" zur Zeit der Sklaverei sprach. Dass die Menschenrechtslage in Ruanda alles andere als rosig ist, wurde bei den Besuchen höflich ausgeklammert. Zugleich plant die britische Regierung die Abschiebung von Flüchtlingen, die in Großbritannien Schutz suchten, nach Ruanda.
Prinz kritisierte Bevölkerungswachstum in Afrika als Bedrohung für die Tierwelt
Auch Prinz Harry hat mehrere Monate in Nationalparks mitgearbeitet und setzt sich als Präsident der Organisation "African Parks", die Nationalparks im südlichen Afrika betreibt, für den Schutz der wilden Tiere ein. Sein Bruder Prinz William wurde in den vergangenen Jahren mehrmals für Aussagen kritisiert, in denen er das Bevölkerungswachstum in Afrika als Bedrohung für die Tierwelt bezeichnete.
Dass König Charles und seine Familie in Zukunft politischer Stellung beziehen werden zu Themen, die die Menschen in den unterschiedlichen afrikanischen Ländern beschäftigen, ist unwahrscheinlich. Die Zeit, in der ihr Verhalten für die Menschen auf dem afrikanischen Kontinent einen entscheidenden Unterschied gemacht hätte, ist aber sowieso vorbei.