Christliche Co-Working-Spaces sind ein Weg, wie Kirchen junge Menschen in neuer Art und Weise ansprechen. Man teilt sich einen Raum, der mehr an ein Café erinnert denn an ein Büro, arbeitet dort in lockerer Atmosphäre am Laptop, trifft andere Menschen, tauscht sich aus. Der Raum gehört der Kirche, die ihn für wenig Geld vermietet. Damit erschließt sich die Kirchengemeinde im Idealfall neue Mitglieder.
Mit dem Co-Working-Space "Kairos13" im Stadtzentrum von Karlsruhe macht die Evangelische Landeskirche in Baden Studierenden seit März ein solches Angebot. Die evangelische Alt- und Mittelstadtgemeinde stellt jungen Start-up-Unternehmen Kirchenräume zur Verfügung: "Wir wollen Menschen miteinander vernetzen, nicht nur Arbeitsräume vermieten", sagt Diakon Daniel Paulus.
Mit "Kairos13" verfolge die Kirchengemeinde zwei Ziele: die Öffnung der Kirchenräume für Unternehmen, deren eigene Werte mit christlichen Grundwerten übereinstimmten - wie Nachhaltigkeit, soziale Verantwortung, Inklusion. Gleichzeitig schaffe man so einen kirchlichen Ort für Menschen, für die Kirche bisher fremd gewesen sei.
Neue Zielgruppen erreichen
Gerade Karlsruhe sei "eine Stadt, in der man kirchliche Abbrüche spürt", sagte der Diakon mit Arbeitsschwerpunkt Young Urbans und Coworking. Auf dem Land gingen die Menschen öfter in die Kirche als in der Stadt. Um wieder mehr Menschen für Kirche zu begeistern, brauche es einen innovativen Ansatz.
Zu dem Schluss, dass die Kirche selbst Einfluss auf ihre Mitgliederentwicklung nehmen kann, kamen die Wissenschaftler der 2019 veröffentlichten Untersuchung "Kirche im Umbruch-Projektion 2060". Darin heißt es: "Neben der kritischen Überprüfung vorhandener Strukturen muss sie neue Angebote insbesondere für junge Erwachsene entwickeln und frische Impulse setzen." Die Studie hatte hochgerechnet, dass sich die Mitgliederzahl der Kirche bis 2060 halbieren wird.
"Co-Working ist ein Zukunftsmodell, mit dem sich Kirche positionieren kann", sagt Daniel Paulus. Die Kirche habe viele Liegenschaften, die sie nach diesem Konzept nutzen könnte. Zielgruppe seien "Studierende, die von ihrem Kinderzimmer aus schon ein Start-up führen", erläutert der Community-Manager.
Viele Kontakte, geringe Kosten
Stefan Winter vom Start-up "Refarm", und Jasmin Kleinbub vom Start-up "Pavao" schätzen die günstige Miete des "Kairos13" und den Austausch mit Anderen. "Der Blick von außen auf unsere Projekte ist wichtig", sagt Winter. Zusammen mit Kommilitonen vermietet er Hochbeete für urbanes Gärtnern. Die Studierenden stehen kurz vor Abschluss ihres Studiums und wollen unternehmerisch wachsen. "Wir wollen sozial, nachhaltig produzieren und später einmal Mitarbeiter zu fairen Bedingungen einstellen", sagt Ann-Sophie Finner, die zusammen mit Kleinbub ein Pfandsystem für die Gastronomie entwickelt hat.
"Kairos13" entstand in Zusammenarbeit mit der badischen Kirchenleitung und dem Cyberforum Karlsruhe. Der Name "Kairos" geht auf die griechische Mythologie zurück und bezeichnet den günstigsten Zeitpunkt für eine Entscheidung. Pate für die Karlsruher Einrichtung stand das "Blau10" der Reformierten Kirche in Zürich. In Deutschland gilt die "Villa Gründergeist" in Frankfurt als Vorreiter kirchlicher "social hubs".
Schnelle, unverbindliche Kontakte in "Wohnzimmeratmosphäre" sowie geringe Kosten sind die Vorteile, die junge Menschen auf dem Sprung in die Selbstständigkeit an Co-Workingspaces schätzen. Ihm sei bewusst, so Daniel Paulus, dass es sich um eine sehr "agile Szene" handele. Der Diakon will die Start-ups in Zukunft pädagogisch und theologisch begleiten. Das "Kairos13" wolle "eine Kontaktfläche für junge Menschen und Kirche bieten."