Kreuz aus Steinen in Mauer integriert
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Christliche Kirchen können eine Stütze in der Gesellschaft sein und zu einem "versöhnlicheren Grundton" beitragen, sagt Ethikprofessorin Christiane Woopen.
Zur Relevanz der Kirchen
Ethikprofessorin: Kirchen sollten Kraft vermitteln
Sind die Kirchen noch relevant und wenn ja, wofür? Das fragte eine Veranstaltung der CDU und CSU in Berlin. Die Ethikexpertin Woopen sieht eine Aufgabe der Kirchen darin, den "Grundton" der Gesellschaft zu verändern.

Die Ethikprofessorin Christiane Woopen hat die Kirchen dazu aufgefordert, ihre Relevanz beim Kampf gegen einen "Grundton der Unversöhnlichkeit" unter Beweis zu stellen. Es gebe eine Krise des gesellschaftlichen Grundtons, die sich durch Angst, fehlende Zuversicht, mangelnde Bereitschaft zuzuhören und zu große Bereitschaft für brutale Reaktion auszeichne, sagte Woopen am Mittwochabend bei einer Veranstaltung der Unionsfraktion des Bundestags in Berlin. Die Kirchen könnten sehr relevant dabei sein, dagegen anzugehen, sagte die Professorin für Life Ethics an der Universität Bonn.

Die Gemeinschaft der Gläubigen tue bereits eine ganze Menge dafür. Sie sei "der Kitt an Orten, wo es brennt, wo es Not gibt, wo Hilfesysteme versagen", sagte sie. Daneben gebe es aber die verfassten Kirchen, die selbst "Krise im Grundton" trügen und sich über Jahrhunderte die Stellung erarbeitet hätten, zu bewerten, zu regeln und zu sagen, was richtig und falsch sei.

Sie müssten vielmehr betonen, dass nach dem christlichen Verständnis der Mensch "radikal frei" sei, sagte die frühere Vorsitzende des Deutschen Ethikrats. Wenn die Kirchen es schaffen würden, Glaube nicht als Begrenzung und Reglement, sondern als Kraft, Motivation, Zuversicht und Perspektive zu vermitteln, "dann könnte sie gerade bei dem so unversöhnlichen Grundton eine viel, viel größere Rolle spielen", sagte sie.

Woopen äußerte sich bei einer Veranstaltung der CDU/CSU-Fraktion unter dem Titel "Wie hältst du es mit der Religion?". Die Diskussion beschäftigte sich mit der Frage, wie relevant die großen christlichen Kirchen vor dem Hintergrund des Mitgliederverlusts heute noch für die Gesellschaft sind.

Der katholische Militärbischof Franz-Josef Overbeck sagte, die Kirche sei 2.000 Jahre lang "eine Kirche der Macht" gewesen. Heute habe man keinen Erfolg mehr damit zu sagen, was die Menschen zu machen hätten, sagte der Bischof von Essen. Auch im politischen Bereich sei die Kirche heute ohne "Machtbasis", sagte er und verwies auf die Diskussion über den assistierten Suizid, bei der sich die katholische Kirche eine Regelung wünscht, die diese Form der Sterbehilfe streng reguliert.

Fehrs: Muttersprache sollte die Seelsorge sein

Die amtierende Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), Kirsten Fehrs, sagte, die Erwartung an die Kirche sei heute nicht nur, eine wertebasierte Instanz zu sein, die appelliert. Sie sei eine Institution, "deren Muttersprache die Seelsorge ist". Insbesondere bei jungen Menschen, die sich vor den Folgen des Klimawandels und Kriegen fürchteten, sehe sie dafür Bedarf. Die Kirche habe Rituale, "die Ängste binden und Gemeinschaft stiften". Zudem schaffe sie Orte der Hoffnung.

Der religionspolitische Sprecher der Unionsfraktion im Bundestag, Thomas Rachel (CDU), stellte in seiner Ansprache die Bindung der Christlich Demokratischen Union Deutschlands (CDU) an das christliche Menschenbild heraus. Das C sorge dafür, "dass das Konservative nie in Blut-und-Boden-Ideologie abgleitet", sagte Rachel. "Das C ist eine klare Grenze nach Rechtsaußen", sagte Rachel, der auch Mitglied im Rat der EKD ist.

CDU-Partei- und Unionsfraktionschef Friedrich Merz würdigte in einem Grußwort das diakonische Wirken der Kirchen durch Kindergärten, Schulen, Jugendclubs, Pflegeheime und Krankenhäuser. Es sei allzu häufig nur die Kirche dort präsent, wo die Lebensumstände besonders schwierig seien, sagte er und verwies auf die Flüchtlingshilfe und Obdachlosenarbeit. "Die Kirche scheut das Elend nicht", sagte er.