Der Konvent der Gemeinde habe seinen Vorstand beauftragt, alle erforderlichen Vorbereitungen zu treffen, um einen entsprechenden Beschluss in einer Sondersitzung fassen zu können, heißt es in einem Beschlusspapier, das auf der Internetseite der Gemeinde abrufbar ist. Der Bremer "Weser-Kurier" berichtete am Donnerstag zuerst über den Schritt der Gemeinde. Eine Stellungnahme der Bremischen Evangelischen Kirche war am Donnerstag nicht zu erhalten.
Latzel war als Pastor der St.-Martini-Gemeinde in der Bremer Innenstadt im November des vergangenen Jahres vor dem Amtsgericht der Hansestadt wegen Volksverhetzung zu einer Geldstrafe verurteilt worden (Az: 96 Ds 225 Js 26577/20). Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig, weil Latzel Berufung eingelegt hat. Bis zu einer endgültigen Entscheidung enthob ihn die Kirchenleitung vorläufig des Dienstes, ein schon Monate zuvor eingeleitetes kirchliches Disziplinarverfahren ruht.
Nach Auffassung des Amtsgerichtes hatte der Theologe in einem sogenannten "Eheseminar" im Oktober 2019 zum Hass gegen Homosexuelle angestachelt. Im Verlauf des Seminars warnte er unter anderem, Homosexualität sei eine "Degenerationsform von Gesellschaft" und "Überall laufen die Verbrecher rum vom Christopher Street Day".
In dem Beschluss stellte sich der Konvent hinter den Pastor. Latzel habe aus Sicht des Konvents in "seinen Äußerungen zur praktizierten Homosexualität auf dem Eheseminar in keiner Weise gegen die aus seiner Ordination bestehenden Pflichten verstoßen". Mit seiner Lehre habe der Pastor vielmehr seine Verpflichtungen gegenüber der Gemeindeordnung erfüllt. Der Konvent beauftragte den Gemeindevorstand, alle juristischen Möglichkeiten auszuschöpfen, um die vollständige Wiedereinsetzung des Pastors zu erreichen.
Die vorläufige Dienstenthebung sei "rechtswidrig", weil der Beschluss der Kirchenleitung ohne die Zustimmung der Gemeinde gefallen sei. Ausdrücklich bestätigte der Konvent die Berufung Latzels als Pastor der Gemeinde. Für den Fall, dass die Kirchenleitung ihn nicht wieder einsetzen sollte, fasste der Konvent den Beschluss, den Pastor durch die Gemeinde selbst anzustellen.
Nach der Bremer Kirchenverfassung kann die Gemeinde das "Ruhenlassen der Rechte und Pflichten" gegenüber der Gesamtkirche erklären. Die Gemeinde wäre dann nicht mehr in der Synode vertreten, die in Bremen Kirchentag heißt. Außerdem wäre sie losgelöst von den Einrichtungen und Ordnungen der Bremischen Evangelischen Kirche.