Bereits am Montag wolle das Gremium Widerspruch einreichen und mit allen rechtlichen Mitteln gegen die Entscheidung der Bremischen Evangelischen Kirche (BEK) vorgehen.
Die Kirchenleitung hatte am 10. Dezember entschieden, Latzel aufgrund seiner Verurteilung vorläufig des Dienstes und damit all seiner Pflichten zu entheben. Der Kirchenausschuss sei nicht bereit gewesen, Latzel Arbeitsfelder wie etwa Krankenbesuche oder die Begleitung Sterbender zu lassen, heißt es in der Stellungnahme. "Daher fehlt uns jedes Verständnis für diese gegenüber unseren Gemeindegliedern unbarmherzige und rücksichtslose Haltung des Kirchenausschusses." Der Gemeindevorstand sehe darin einen Angriff auf Gemeinde und Pastor, "der nichts anderes bezweckt, als St. Martini zu zerstören".
"Vehikel, um gegen Pastor vorzugehen"
Latzel war als Pastor der St.-Martini-Gemeinde in der Bremer Innenstadt am 25. November vor dem Amtsgericht wegen Volksverhetzung zu einer Freiheitsstrafe von drei Monaten verurteilt worden, umgewandelt zu einer Geldstrafe von 90 Tagessätzen à 90 Euro (Az: 96 Ds 225 Js 26577/20). In der Urteilsbegründung sagte Richterin Ellen Best, Latzel habe in einem auf Youtube verbreiteten "Eheseminar" zum Hass gegen Homosexuelle aufgestachelt. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig, weil Latzels Verteidiger Berufung eingelegt hat.
"Es ist unsere feste Überzeugung, dass es bei di eser Dienstenthebung gegen Pastor Latzel nur vordergründig um das noch nicht rechtkräftige Urteil des Amtsgerichtes geht", schreibt der Kirchenvorstand weiter. Es solle versucht werden einen unliebsamen Theologen zu bekämpfen, "dessen Arbeit zwar zehntausendfachen Zuspruch findet, aber dessen protestantische, biblische Positionen dem Kirchenausschuss nicht in die politische Agenda zu passen scheinen". Das Disziplinarrecht sei nur ein Vehikel, um gegen den Pastor und die Gemeinde vorgehen zu können.
Der Gemeindevorstand kündigte zudem an, Anfang Januar einen Sonderkonvent einzuberufen, sollte die Corona-Pandemie dies zulassen. Dort sollen den Angaben zufolge die nächsten Schritte der Gemeinde erörtert werden. "Zudem überlegen wir als Vorstand, ob weitergehende Möglichkeiten einer Trennung aus dem Gemeindeverbund der BEK bestehen."
Kirchenausschuss weist Vorwürfe zurück
Der Kirchenausschuss hat auf die Vorwürfe der Martini-Gemeinde reagiert. Er weise die Verunglimpfung der Auschuss-Mitglieder und die "Kampf-Rhetorik" des Gemeindevorstandes entschieden zurück, sagte am Montag der theologische Repräsentant der bremischen Kirche, Pastor Bernd Kuschnerus.
Bei der vorläufigen Dienstenthebung gehe es nicht um theologische Differenzen, wies die Kirchenleitung die Vorwürfe der Gemeinde zurück. Dabei handele es sich vielmehr um einen rein personalrechtlichen Akt infolge des Gerichtsurteils.
Die Kirchenleitung führte aus, der Kirchenausschuss sei der Dienstherr aller Pastorinnen und Pastoren in der Bremischen Evangelischen Kirche und für Dienstaufsicht und Fürsorge verantwortlich: "Selbstverständlich wird der Kirchenausschuss die Gemeinde während der Dauer des Verfahrens durch Vertretungskräfte unterstützen."