Kenneth Mtata sterben die Pfarrer weg. "Wir haben in den vergangenen Tagen viele, viele Pastoren verloren", beklagt der Generalsekretär des ökumenischen Kirchenrats von Simbabwe. Sie alle hätten sich offenbar vor allem bei Beerdigungen mit dem Coronavirus infiziert.
Seit ein paar Wochen habe sich die Corona-Lage in dem afrikanischen Land dramatisch verändert, sagt der lutherische Theologe. "Es gab einen großen, großen Anstieg der Fälle, eine bedrohliche Eskalation." Auch mehrere Minister sind zuletzt nach einer Corona-Infektion gestorben. Noch Mitte Dezember meldete das simbabwische Gesundheitsministerium insgesamt rund 11.000 bestätigte Infektionen und gut 300 Todesfälle. Jetzt liegen die offiziellen Zahlen der Regierung und der Weltgesundheitsorganisation (WHO) in dem 15-Millionen-Einwohner-Land bei über 32.000 Infizierten und mehr als 1.100 Toten.
Die tatsächlichen Zahlen dürften viel höher sein. "Es wird nach wie vor nicht ausreichend getestet", erklärt die Landesdirektorin der Welthungerhilfe in Simbabwe, Regina Feindt. Sie schätzt, dass die wirklichen Zahlen um das Zehn- bis Zwanzigfache höher liegen. "Aus unseren Projektgebieten hören wir immer wieder, wie viele Menschen dort die typischen Symptome zeigen", sagt sie. Getestet werden nach Auskunft von internationalen Gesundheitsexperten vor Ort ohnehin nur Fälle mit Symptomen, eine Kontaktnachverfolgung gibt es nicht.
Viele Menschen versuchten auch, eine mögliche Infektion zu verstecken. "Denn schon die Vermutung, dass sich jemand angesteckt haben könnte, stigmatisiert", sagt Feindt. "Da versuchen wir gegenzusteuern." Gemeinsam mit anderen Organisationen klärt die Welthungerhilfe über die Krankheit und Vorsichtsmaßnahmen auf - über Telefon, WhatsApp und auch über Lautsprecherdurchsagen.
"Aber es rückt einfach nah", berichtet Feindt. Auch Mitarbeiter seien infiziert, es gebe Corona-Todesfälle unter Angehörigen. "Die Leute haben schon Angst und Panik."
Inzwischen ist das Virus von den großen Städten quer durchs Land gewandert. Simbabwer, die in Südafrika arbeiten und zu Weihnachten in die Heimat zurückkehrten, haben vermutlich auch die noch ansteckendere Mutation aus dem Nachbarland mitgebracht. "Es sieht so aus, als ob sich jetzt die südafrikanische Variante verbreitet", sagt der Landesrepräsentant von "Ärzte ohne Grenzen", Reinaldo Ortuno.
Dabei stehen die Gesundheitsstationen und Krankenhäuser ohnehin schon unter enormem Druck - auf dem Land noch mehr als in den großen Städten. "Das Gesundheitssystem ist seit Jahren schwach", sagt der Mediziner Ortuno. Auf Covid-19 sei es nicht eingerichtet. "Wir haben nicht genug Ressourcen. Wir haben nicht genug Betten, nicht genug Ausrüstung, nicht genug Medikamente, nicht genug Personal", erklärt er. Und für die Ärzte und Ärztinnen, Schwestern, Pfleger und die Reinigungskräfte gebe es auch nicht genug Schutzkleidung, immer mehr steckten sich an. Auch Impfungen zeichnen sich noch nicht ab. Bis spätestens Juni sollten die beginnen, aber erst auch nur weit unter Bedarf, erklärt Ortuno.
Seit Anfang Januar ist Simbabwe wieder im Lockdown. Inmitten einer Ausbreitung der offenbar ansteckenderen Mutation bleibt abzuwarten, ob die Maßnahmen greifen. Im wirtschaftlich gebeutelten Simbabwe hat ein Großteil der Einwohner keine feste Anstellung, wer nicht arbeitet, hat kein Geld. "Dies hat zu unglaublichem Hunger geführt", sagt Kirchenrats-Generalsekretär Mtata.
Von Familien, die nichts mehr zu essen haben, berichtet auch Welthungerhilfe-Expertin Feindt. "Der Lockdown ist schon eine dramatische Situation für die Menschen." Und dann bringe jetzt noch der anhaltende schwere Regen das Fass buchstäblich zum Überlaufen: "Die Latrinen fließen über, die normalen Haushaltsbrunnen fließen über. Und das vermischt sich", sagt Feindt. Krankheiten wie Cholera und Typhus seien zu erwarten. "Das ist gerade in Zeiten von Corona das, was wir am allerwenigsten brauchen."