Da ich aus einem christlich geprägten Umfeld komme, sehe ich es darum als meine Aufgabe, anderen zu helfen. Daher möchte ich Wissen über geschlechtsspezifische Ungleichheiten verbreiten und das Bewusstsein dafür schärfen, um Frauen und Mädchen zu helfen. Die Hauptmotivation für diese Sensibilisierung geht davon aus, dass ich jungen Mädchen beistehen möchte, die auf ihrem Lebensweg nicht immer eine Ansprechperson haben und oft nicht wissen, wie sie sich in komplizierten Situationen verhalten können.
Oft haben diese Mädchen auch nicht den Mut oder das Selbstvertrauen, sich für ihre eigenen Rechte einzusetzen. Die meisten Mädchen haben in meinem Heimatland Simbabwe immer noch einen eingeschränkten Zugang zu Bildung. Der einzige Grund dafür ist, dass sie weiblich sind. Was für eine verrückte Realität, in der weiblich zu sein ein Nachteil ist.
Einige der Mädchen sind Opfer sexueller Gewalt und werden aufgrund traditioneller und leider auch religiöser Vorstellungen als Kinder verheiratet. Da ich selbst eine Frau bin, verstehe ich es als meine Aufgabe, den Opfern zu helfen und dem Missbrauch vorzubeugen, indem ich mich an verschiedene Gruppen wende, um einen sicheren Ort für den Erfahrungsaustausch zu schaffen und so auch die Heilung bei den Opfern voranzutreiben. Ich halte es für notwendig, dass junge Mädchen genauso ernst genommen werden wie erwachsene Frauen. Mit all ihren Potentialen, ihrer Macht und ihrer Bedeutung.
Die Evangelische Mission Weltweit (EMW) ist eine Gemeinschaft von evangelischen Kirchen, Werken und Verbänden in Mission und Ökumene. Missionstheologie, theologische Ausbildung weltweit, Schöpfung und Nachhaltigkeit, Dialog der Religion, interkulturelle und kontextuelle Theologien sowie Frieden und Gerechtigkeit gehören zu den Themen der Dach- und Fachorganisation.
Was bedeutet Mission heute? Das ist nicht leicht zu beantworten. Doch mission.de will genau das. Hier kommen Menschen zu Wort, die weltweit in Mission und Ökumene vernetzt und zuhause sind und etwas zu sagen haben. Ein Blog gibt Raum für pointierte Meinungen, aktuelle Themen und Beiträge zu laufenden Diskursen. mission.de ist eine Initiative evangelischer Missionswerke, Verbände und Kirchen unter dem Dach der Evangelischen Mission Weltweit (EMW).
Aktuell lerne ich und entwickle mich weiter, um in Zukunft praktische und wirksame Maßnahmen durchführen zu können. Dies sehe ich auch als Investition in meine zukünftige Arbeit im Bereich der Geschlechtergerechtigkeit. Von meinen Erfahrungen – global und lokal – möchte ich berichten und möchte teilen, was in verschiedenen Kontexten in Bezug auf die Diskriminierung, die Rechte und die Selbstermächtigung von Frauen aktuell passiert.
Gesellschaft schwächt sich, wenn Frauen unterdrückt werden
Die Marginalisierung von Frauen hemmt die Entwicklung und freie Entfaltung vieler junger Frauen und Mädchen in unseren Gesellschaften. Sie sind oftmals verletzlich und bleiben weit hinter ihren Potentialen zurück. Sexuelle geschlechtsspezifische Gewalt wurde vor kurzem als "Schattenpandemie" bezeichnet.
Die Vereinten Nationen schreiben, dass sexualisierte Gewalt vielfältige Formen annimmt und "Vergewaltigung, sexuellen Missbrauch, erzwungene Schwangerschaft, Zwangssterilisation, Zwangsabtreibung, Zwangsprostitution, Menschenhandel, sexuelle Versklavung, Zwangsbeschneidung, Kastration und erzwungene Nacktheit" umfassen kann. Diese Handlungen verletzen die Rechte und Würde von Frauen massiv und die psychischen Folgen für die Opfer sind oftmals langfristig.
Außerdem können die psychischen und körperlichen Folgen auch dazu führen, dass die Frauen nicht ihr ganzes Potential in verschiedenen Lebensbereichen ausschöpfen können, wie beispielsweise im Bereich der Bildung. So wird ihnen die Möglichkeit genommen, eigene Entscheidungen zu treffen und ihr Leben selbstbestimmt zu gestalten. Auch gesamtgesellschaftlich macht sich dies bemerkbar: Eine ganze Gruppe innerhalb der Gesellschaft bleibt stets hinter ihren Möglichkeiten zurück – so wird auch die gesamtgesellschaftliche Entwicklung gehemmt. Die Gesellschaft wird also geschwächt, wenn Frauen bewusst klein gehalten und unterdrückt werden.
Patriarchalische Hierarchiesysteme
Auch kulturelle Faktoren spielen hierbei eine Rolle. So gibt es in den meisten afrikanischen Kulturen und Traditionen, wie auch in meinem Heimatland Simbabwe, patriarchalische Hierarchiesysteme. Diese Kultur fördert die männliche Dominanz. Problematisch wird es besonders dann, wenn es deutliche Diskriminierung und Benachteiligung aufgrund des Geschlechtes gibt. So sind bestimmte Positionen und/oder Chancen ausschließlich Männern vorbehalten.
Ich möchte nicht ausschließen, dass ursprünglich die Idee der geschlechtsspezifischen Aufgabenteilung nicht dazu gedacht war, Schaden anzurichten. Gleichzeitig nehme ich es aber heute deutlich wahr, dass diese Strukturen negative Auswirkungen auf Machtstrukturen haben und für Frauen sogar zur Bedrohung der eignen Existenz und des eigenen Wertes werden. Im Blick auf diese Auswirkungen, ist es wichtig zu verstehen, dass traditionelle Geschlechterrollen nicht immer biblisch sind und auch die historisch gewachsenen Vorstellungen über die Geschlechter in unserer Gesellschaft nicht immer richtig sind.
Wandel gestalten und Rechte von Frauen stärken
Kirchen und Nichtregierungsorganisationen unterstützen Kampagnen auf allen Kontinenten, die das Bewusstsein der Frauen für ihre eigenen Rechte und ihre eigene Würde stärken. Auch in den Kirchen in Simbabwe werden immer mehr Frauen in die Leitung einbezogen, auch eine Ordination ist nun möglich. Über diesen Wandel zu sprechen, ist ein wichtiger Teil des Wandels, der sich vollzieht. Nur so können die Menschen lernen und sich mit dem Wandel vertraut machen. Die Kampagnen haben eine gerechte Partnerschaft zwischen Frauen und Männern im Blick, die auch eine verbesserte Situation der Frauen nach sich ziehen soll.
Ein wichtiger Bestandteil ist auch ein interkultureller Austausch, ebenso wie ein Austausch zwischen verschiedenen Ebenen innerhalb und außerhalb der Kirche. So kommen Geistliche mit Lai:innen ins Gespräch, ältere Menschen mit Vertreter:innen der jungen Generation. Auch Opfer werden bewusst immer wieder ins Gespräch einbezogen, um ihre Erfahrungen und Sichtweisen zu teilen. Dies stärkt zum einen den Respekt vor den Frauen, aber gleichzeitig fungieren diese Berichte auch als Warnung an Täter:innen, die so das eigene Handeln als falsch erkennen und Handlungsalternativen kennenlernen.
Lange Zeit haben wir in Gesellschaften gelebt, in denen geschlechtsspezifische Ungleichheit und Diskriminierungen tief verwurzelt sind. Doch im Laufe der Zeit kam es zu einem Fortschritt und positiven Entwicklungen. Die Rolle der Frauen wurde gestärkt, Frauen und Mädchen auf der ganzen Welt wurden aufgeklärt und ermutigt, ihren eigenen Willen zu entwickeln und öffentlich zu vertreten. Jede Frau kann in jeder Lebensphase Entscheidungen treffen, Wünsche äußern und unabhängig agieren. Noch ist dieser Lernprozess nicht abgeschlossen und sicher ist noch nicht in allen Kulturen anerkannt, dass die Handlungsspielräume von Frauen auch über den eigenen Haushalt hinaus reichen.
Ich hoffe, dass sich junge Frauen beteiligen und auf allen Ebenen Führungsaufgaben übernehmen, und es ist wunderbar zu sehen, dass auch jetzt schon Frauen und Mädchen trotz der großen Ungerechtigkeiten arbeiten und ihre Karriere vorantreiben wollen. Noch sind sich nicht alle ihrer Rechte bewusst, aber einige sind bereit zu kämpfen – für sich und andere.
Für die Zukunft der Frauen weltweit erhoffe ich mir, dass immer Menschen auf die Thematik aufmerksam gemacht werden und alle Frauen sich bewusst sind, dass frau die gleichen Chancen verdient, ihr Potential voll auszuschöpfen, sich zu beweisen und im Leben als verantwortungsbewusste, unabhängige Person zu wachsen.
evangelisch.de dankt der Evangelischen Mission Weltweit und mission.de für die inhaltliche Kooperation.