Die Adresse klingt verheißungsvoll: Valley View Lane 132, Hatfield, Harare. Diese Adresse beschwört ein Bild von einer Aussicht, einen weiten Blick über ein malerisches Tal herauf. Und dann kommt noch der Name des Ortes dazu: Hatfield – also übersetzt so etwas wie Hutfeld – das suggeriert ganz viel Fläche, Weite und Natur. Diese Adresse in einem Vorort von Harare, der größten Stadt und Hauptstadt von Simbabwe, gehört dem United Theological College (UTC).
Aber ganz so malerisch wie der Name vermuten lässt, ist es hier nicht. Zwar gibt es viele offene Flächen, die teilweise sogar zum College-Gelände gehören, aber es gibt hier auch viel herumliegenden Abfall, darunter jede Menge Plastik von Flaschen, Verpackungen und Windeln. Zudem befinden sich in der näheren Umgebung mehrere Mülldeponien. Manche von ihnen legal, andere illegal – auch eine Deponie für Chemieabfall ist darunter, was direkt die Trinkwasserversorgung der Gegend beeinflusst.
Boden als unterschätzte Ressource
Viele Probleme, die Simbabwe hat, zeigen sich hier, im direkten Umfeld des UTC, auf ganz unmittelbare Weise. Eine unterentwickelte Infrastruktur, Missmanagement und ein nicht ausreichendes Gemeinwesen sind die Folge von Korruption und Günstlingswirtschaft in hohen politischen Positionen, die schon seit Jahrzehnten eher die Regel als die Ausnahme sind. Dazu kommen die Folgen der Klimakrise, Hyperinflation und Umweltverschmutzung – im Großen wie im Kleinen.
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"Viele Menschen wissen nicht, wie sie ihre Lebensmittel bezahlen sollen. Sie wissen nicht, wohin mit ihrem Müll. Manchmal fehlt das Bewusstsein für ökologische Zusammenhänge. Meistens lässt der schiere Kampf ums tägliche Überleben für ärmere Menschen wenig Raum für anderes", schildert Kupakwashe Mtata, Direktor des United Theological College, die Situation. "Viele Menschen wissen gar nicht, dass sie mit dem Boden, der sie umgibt, und von dem wir in Simbabwe wirklich viel haben, schon eine große Ressource für die eigene Versorgung und das Überleben haben."
Wissen weitergeben für mehr Unabhängigkeit für alle
Aus dieser Beobachtung und ihrem theologischen Selbstverständnis hat die UTC ein ökotheologisches Projekt ins Leben gerufen, das die angehenden Pastor*innen, die das UTC besuchen, zusätzlich zur theologischen Ausbildung ganz praktisch in Techniken der Agrarökologie, Landwirtschaft, Ackerbau und Kleintier- und Nützlingshaltung unterrichtet. "Wir wollen, dass die Pastor:innen, die uns verlassen, dieses Wissen mit in ihre Gemeinden tragen und dort weitergeben", führt Mtata die Idee hinter dem neuen Konzept aus.
Ein weiterer, nicht unwesentlicher Aspekt ist zudem, dass die Pastor:innen durch die landwirtschaftliche Bewirtschaftung, etwa des Pfarrgartens, unabhängiger von ihren finanziellen Mitteln werden. Denn als Pastor:in verdient man in Simbabwe nicht unbedingt viel Geld.
Im Rahmen dieses neuen, von der EMW geförderten, Projekts ist unter anderem die Haltung von Tieren und Nützlingen auf dem College-Gelänge geplant. Die Hühner sind schon da, die Bienen kommen, sobald die Anlage des Obstgartens mit Aprikosen- und Pfirsichbäumen weiter vorangeschritten ist. Darum wurde eigens die Tierärztin Definite Alufasi eingestellt, die das Projekt professionell begleitet und Studierende, Lehrkörper und andere Angestellte fachkundig in punkto Tierhaltung unterrichtet. Die erzeugten Produkte finden schließlich auch in der Küche der College-Mensa Verwendung.
Eine schöne Aussicht
Für die Themen Landwirtschaft und Gartenbau sowie Müll, Mülltrennung, Recycling, Kompostierung usw. gibt es Workshop-Kooperationen mit jeweiligen Fachorganisationen in Simbabwe. So, das ist die Hoffnung, kann es gelingen, Gottes Auftrag an die Menschen, die Schöpfung in guter Verwalterschaft zu nutzen und zu bewahren, besser in die Praxis zu übersetzen. Und dass das langfristig eine positive Veränderung für die Menschen in Simbabwe bringt, da ist sich Direktor Kupakwashe Mtata sicher. Mit dem Projekt verbindet er nicht nur große Hoffnung für das UTC.
Er denkt viel größer: "Ich denke, dass es möglich ist, grüne Kirchen zu haben, die von grünen Pastor:innen von unserem grünen College geleitet werden, und dass wir Simbabwe grün machen können. So können die Menschen wirklich frei entscheiden, was sie wollen, ohne Angst zu haben, dass ihnen jemand Ressourcen vorenthält, denn sie haben bereits Ressourcen und sie brauchen keine anderen, die sie ihnen geben." Durch das Wissen, wie sie sich selbstversorgen können, können die Menschen Simbabwes ermächtigt, selbstbestimmter und frei werden – davon ist Mtata überzeugt.
Was für eine schöne Aussicht – fast so wie die Adresse des UTC es nahelegt. Vielleicht wird es das wunderschöne Tal, auf das man, wie es der Straßenname verheißt, vom United Theological College hinabblicken kann, tatsächlich eines Tages geben. Der Anfang ist mit diesem Projekt jedenfalls getan.