Es ist ein schönes, aber zugleich schwieriges Feld, dass Peter Kratzer beackert: Seit bald zehn Jahren gehört er zum Kompetenzzentrum Fundraising der bayerischen Landeskirche in Ansbach und berät kirchliche und diakonische Akteure bei EU-Förderprogrammen. "Mein Herz hängt an EU-Programmen", sagt er: "Weil wir als Kirche an diesen Herausforderungen lernen und davon profitieren können." Bei einem guten Projekt könnten sechsstellige Fördersummen zusammenkommen. Leider sei es "noch nicht gelungen, die Popularisierung und den systematischen Einsatz" von Programmen wie Erasmus oder EFRE in der Schul- und Jugendarbeit zu verankern. "Das würde ich gerne ändern", sagt Kratzer.
Jetzt scheint er einen Schritt weiter zu sein. Von 6. bis 8. März findet in Altenkirchen im Westerwald eine Konferenz statt, zu der Kirchen und Wohlfahrtsverbände aus ganz Deutschland eingeladen haben. Unter dem Titel "Kirche und Regionalentwicklung - Welten verbinden und Kräfte bündeln" will die Tagung das EU-Förderprogramm Leader vorstellen und Akteure miteinander vernetzen."Wer, wenn nicht die Kirchen, sind flächendeckend im ländlichen Raum vertreten?", sagt Kratzer. Der Pädagoge ist erfahren in der EU-Programmarbeit. Er hat Erasmus-Projekte umgesetzt und war viele Jahre als Kulturmanager des "Instituts für Auslandsbeziehungen" (ifa) in Rumänien, Ungarn und Serbien unterwegs. Er kennt die Tücken - und die Chancen der Programme.
Regionale Aktionsgruppen
Der ländliche Raum ist der kleinste und zugleich der größte gemeinsame Nenner von Kirchen und EU-Programmen. Deshalb sollten sich Kirchen und Wohlfahrtsverbände auf diesen Bereich konzentrieren, meint Kratzer. Bei der Tagung will Kratzer mit seinen Kolleginnen und Kollegen das Programm Leader vorstellen, mit die Region wirtschaftlich gestärkt werden soll. Leader ist eine Abkürzung und steht für die französische Bezeichnung "Liaison entre actions de développement de l'économie rurale". Es geht dabei um Aktionen zur Entwicklung der ländlichen Wirtschaft.
EU-Förderprogramme sind immer befristet. Die neue Förderperiode für Leader startet 2021 und endet 2027. Genug Zeit für Kirchen, sich zu positionieren, sagt Kratzer. Das Programm hat einen partizipativen Ansatz, bei dem sich Kommunen und zivilgesellschaftliche Akteure zu einer "Lokalen Aktionsgruppe" (LAG) zusammenschließen. Diese regionalen Vereine werden finanziell vom Freistaat Bayern und EU-Mitteln unterstützt. Ihre Aufgabe ist es, gemeinsam eine "Lokale Entwicklungsstrategie" (LES) zu formulieren und umzusetzen.
In Bayern gibt es 68 dieser lokalen Vereine. Ihre Mitglieder treffen sich regelmäßig, werben mit ihrer Entwicklungsstrategie um Projekte und begleiten die Umsetzung. Kirche und Diakonie können die "Lokale Entwicklungsstrategie" mitformulieren, als Mitglied der "Lokalen Aktionsgruppe" über Projekte mitentscheiden und eigene Anliegen in die Strategie einfließen lassen. "So kann Kirche zusammen mit anderen Akteuren den Sozialraum mitgestalten", sagt Kratzer.
Kirchliche Träger mischen in vielen regionalen Gruppen schon häufiger mit. Wie eine Untersuchung des bayerischen Kompetenzzentrums Fundraising ergeben hat, sind kirchliche Organisationen in mehr als der Hälfte aller 68 bayerischen LAGs vertreten. Unter den 704 zwischen 2015 und 2017 genehmigten Leader-Projekten befanden sich 42 kirchliche Projekte. Allerdings sei hier noch "Luft nach oben", sagt Kratzer. "In der nächsten Förderperiode sollten Kirchen und Wohlfahrtsverbände in allen Aktionsgruppen vertreten sein", erklärt der Experte. "Jeder Dekan sollte den Vorsitzenden und den Geschäftsführer der Lokalen Aktionsgruppe (LAG) in seiner Region besuchen und dafür sorgen, dass der Dekanatsbezirk mitarbeitet", empfiehlt Kratzer. Am besten sei es, Mitarbeitende in den Lenkungsausschuss der Aktionsgruppe zu entsenden: "Nur so können wir als Kirche oder Diakonie mitentscheiden, mitgestalten und profitieren."