Vor der EKD-Synode in Bremen betonte der Ratsvorsitzende, dass den Flüchtlingen, die nach Deutschland kommen, nur mit Empathie begegnet werden kann. Seine Besuche an deutschen Bahnhöfen und Grenzübergängen in Serbien und Ungarn erinnerten ihn an das "Goldene Gesetz" der Bibel (Matthäus 7,12): "Alles, was ihr wollt, dass euch die Leute tun, das tut ihnen auch." Die Grenzen zu schließen lehnte Bedford-Strohm ausdrücklich ab: "Der Versuch, uns durch Abschottung die faktisch vorhandene massive Not vom Leibe zu halten, wäre ethisch nicht zu rechtfertigen."
Neben den 120.000 ehrenamtlichen Helfern aus der evangelischen Kirche, der Unterstützung der Diakonie und den vielen Einzelbeispielen von "Welcome Cafés" bis zur Alltagsbegleitung gibt es aber auch laute, öffentliche Stimmen, die glauben und sagen, dass wir die Integration der Flüchtlinge nicht schaffen. Heinrich Bedford-Strohm gehört nicht dazu. Er griff vor der Synode zu klaren Worten: "Wer in dieser schwierigen Situation Gift in die deutsche Gesellschaft streut, stellt sich damit gegen alles, was das Christentum in seinem Kern ausmacht!" Und meinte damit explizit die Parolen des Rechtsradikalismus und seiner rechtspopulistischen Wegbereiter wie AfD und "Pegida". Wo das Äußern von bestimmten Sorgen in Hetze umschlage, müsse man eine klare Grenze ziehen. "Das heißt aber nicht, dass man nicht mit Vertretern der AfD ins Gespräch kommen kann", ergänzte Bedford-Strohm in der anschließenden Pressekonferenz.
Besonders betroffen zeigte sich Bedford-Strohm in seinem Bericht von der "menschlichen Kälte" fremdenfeindlicher Worte und Parolen. Sie können "dazu führen, dass sich ablehnende Stimmungen gegen Asylsuchende aufbauen und Einstellungen salonfähig werden, die die christlichen Grundorientierungen und Menschenwürde mit Füßen treten".
Der Ratsvorsitzende ging auch auf die Schwierigkeiten ein, die ankommenden Menschen nach der ersten Versorgung dauerhaft zu integrieren. Integration sei keine Einbahnstraße: "Wir haben viele Dinge in unserem Land liebgewonnen, die früher als fremd und kulturfremd galten", aber man müsse den Menschen, die nach Deutschland kommen, auch "Lernerfahrungen zumuten", gerade in Sachen Antisemitismus und bei der Gleichberechtigung von Frauen. Man müsse jetzt viel Geld in die Hand nehmen, um den sozialen Frieden zu erhalten und stärken. Dennoch gelte immer: "Jeder Mensch ist geschaffen zum Bilde Gottes. Und deswegen verdient er Achtung und Wertschätzung unabhängig von seinen religiösen Überzeugungen."
Bedford-Strohm: Integration eine Aufgabe für die nächsten 20 Jahre
In der anschließenden Pressekonferenz blieb die Flüchtlingsdebatte Thema Nummer eins, auch wenn Bedford-Strohm in seinem mündlichen Ratsbericht auch den Klimawandel, die Bundestagsentscheidung zum assistieren Suizid und das Reformationsjubiläum 2017 angeschnitten hatte (das Manuskript des Berichts finden Sie hier). Der Ratsvorsitzende berichtete von seinen Besuchen an der deutsch-österreichischen Grenze in Passau: "Wenn Tausende Menschen direkt am Grenzübergang abgesetzt werden, dann kommt es rüber als nicht mehr bewältigbare Situation." Dabei müsse das nur besser organisiert werden: "Die österreichischen Busse müssen bis an die Erstaufnahme-Einrichtungen nach Bayern reinfahren", schlug Bedford-Strohm vor.
Er zeigte sich optimistisch, dass Deutschland mit den Flüchtlingen gut umgehen könne, gerade angesichts der eindrucksvollen Selbstverständlichkeit von Hilfe, die er vor Ort erlebe. Zur Hilfe für diese Menschen gebe es keine Alternative: "Die Menschen sind in nackter Not, die da kommen, viele von denen jedenfalls." Unter anderem wird die bayrische Landeskirche, deren Bischof Bedford-Strohm ist, auf ihrer Synode über einen Nachtragshaushalt zur Flüchtlingshilfe in Millionenhöhe beraten.
Bedford-Strohm skizzierte die nächsten Aufgaben, die Deutschland nun zu bewältigen habe. Es gelte nicht nur, den Menschen, die hierher kommen, direkt zu helfen und sie in den nächsten Jahren zu integrieren. Man müsse auch in ihren Herkunftsländern daran arbeiten, die Fluchtursachen zu beseitigen. "Wenn wir Integration als klare Grundorientierung und wechselseitigen Prozess verstehen, dann kann es sein, dass wir in 20 Jahren zurückschauen und sagen: Wir haben eine schwierige Situation bewältigt.“