Illustration: evangelisch.de/Simone Sass
Sie reden von Jugend, aber sie wollen sie nicht
Die EKD-Synode hat bei der Wahl zum Rat der EKD den Kandidaten der Jugenddelegierten mit dem Wahlergebnis abgewatscht. Eine verpasste Chance und ein schlechtes Signal für die Zukunft, kommentiert evangelisch.de-Portalleiter Hanno Terbuyken.

Warum uns das 2015 wichtig war: Manchmal muss man sich Dinge einfach von der Seele schreiben - und manchmal trifft man damit den Nerv von vielen Menschen. So war es bei diesem Kommentar, der noch am Abend der Ratswahl auf der EKD-Synode im November 2015 in Bremen entstand. Immerhin - der Ratsvorsitzende Heinrich Bedford-Strohm möchte sich in der kommenden Ratsperiode trotzdem dafür einsetzen, jüngere Menschen für die Kirche zu gewinnen. Die Synode war ein Weckruf dafür, dass das nicht nur bei jungen Menschen viel Arbeit ist.

Dieser Inhalt erschien erstmals am 10.11.2015 auf evanglisch.de.

- Hanno Terbuyken, Portalleiter evangelisch.de

Auf der Synode in Dresden 2014 wurden die Jugenddelegierten noch hoch gelobt, weil sie das Thema „Digitalisierung“ auf die Agenda gehoben hatten. „Junge Menschen begeistern und für den Glauben gewinnen“ wollte Ratsvorsitzender Heinrich Bedford-Strohm in seiner Vorstellungsrede zur Ratswahl 2015 hier in Bremen.

War wohl nichts.

Denn die EKD-Synode 2015 wollte lieber niemanden wählen als Ingo Dachwitz, 28, der angetreten war, um die jüngere Generation im Rat der EKD zu vertreten. „Bitter“, nannte der hannoversche Landesbischof Ralf Meister das Ergebnis, der aus seiner Landessynode gute Erfahrungen mit jugendlichen Synodalen mitbringt. Er war einer der Handvoll Unterstützer und Unterstützerinnen, die im Anschluss an den Rückzug von Ingo Dachwitz nach dem 8. Wahlgang (27 Stimmen) Trost und Zuspruch spendeten, darunter übrigens auch der Ratsvorsitzende Heinrich Bedford-Strohm, Dachwitz‘ Heimatbischof Jan Janssen und das jüngste Mitglied des Synoden-Präsidiums, Jonas Straßer (bei seiner Wahl 21 Jahre alt).

Bitter fanden das auch die anderen Jugenddelegierten, die (übrigens ohne Stimmrecht!) in der EKD-Synode sitzen. Zu Recht flossen Tränen der Enttäuschung. Die EKD-Synode hatte 2009 dauerhafte Hoffnung geweckt, als sie Elke Eisenschmidt im zweiten Wahlgang in den Rat wählte. Eisenschmidt war 28 Jahre alt, genau wie Ingo Dachwitz heute. Die Hoffnung von damals ist jetzt Geschichte.

Klar, in seiner Vorstellung zur Kandidatur war Ingo Dachwitz ehrlich und nannte sich einen „Suchenden“, ohne Heimatgemeinde, mit einem in der Evangelischen Jugend geprägten Glauben. Aber die evangelische Kirche muss sich zunehmend mit einer individualisierten Christenheit befassen: Mit Solitär-Christen, die ohne Unterstützung einer Gemeinde glauben. Mit Gemeinde-Mitgliedern, die ihrem Konfirmationspfarrer noch verbunden sind, wenn sie schon längst 300 Kilometer weg wohnen. Mit Facebook-Pfarrern und der Aufweichung des Parochial-Prinzips jenseits der alten Kommunikationswege.

Diese Perspektive ist im neuen Rat der EKD schlecht vertreten. Kein Ratsmitglied ist unter 40, jüngstes Ratsmitglied ist Jacob Joussen (geb. 1971). Nach der offensichtlichen Ablehnung von Dachwitz – Indiz dafür ist auch der im Vergleich verhaltene Applaus, den er nach seinem Rückzug bekam - muss sich die Synode fragen lassen, ob sie sich den Herausforderungen der Gegenwart ernsthaft stellen will. Als Aufbruch in die Zukunft kann man diese Ratswahl jedenfalls nicht verstehen.