Foto: epd-bild/Norbert Neetz
Jutta Henrich ist Mitglied der 12. Synode der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD).
"Selbstsicher und selbstzufrieden" - die EKD und die Basis
Die EKD-Synodale Jutta Henrich erlebte im Jahr 2015 ihre ersten zwei EKD-Synoden. Mit dem Blick der Neuen schaut sie auf das Reformationsjubiläum und auf das Verhältnis der EKD zu den Landeskirchen und der Basis. evangelisch.de-Redakteurin Lilith Becker hat Jutta Henrich auf der Synode in Bremen getroffen und das Gespräch protokolliert.

"Die Synode in Bremen ist für mich die erste richtige Synode. Für mich ist sie noch spannender und intensiver als in Würzburg, wegen der Ratswahl. Ich versuche meinen Platz zu finden in dem Gewühl und dem Netzwerk und das beschäftigt mich ziemlich.

Ich arbeite gerne an Texten, da ich Bibliothekarin bin. Deswegen bin ich im Themenausschuss, der an einer Kundgebung zum Schwerpunktthema  Reformationsjubiläum "Christlicher Glaube in offener Gesellschaft" arbeitet. Es ist anstrengend, wie in einem Steinbruch. Da sitzen viele hochkompetente Menschen zusammen, die sich zum Teil stark widersprechen. Es wird dann einfach darauf ankommen, dass man die großen Linien zusammenführt. 

Es wird in den Arbeitsgruppen immer wieder gefragt: 'Wofür ist dieser Text eigentlich?' Wir sind uns einig: Wir wollen, dass das ein Wort nach außen ist. Es richtet sich an die Kirchenmitglieder. Auch, wenn die Frage bleibt, wie grundsätzlich an der Basis EKD-Papiere gelesen werden. Die Texte gehen an die Pfarrämter, auf der Landesebene in die Gemeinden. Und ich hoffe, dass die Presse Ausschnitte zeigt.

Wir berichten auch auf unseren Bezirks- und Landessynoden und versuchen, die wichtigsten Dinge zu transportieren. Jede Gemeinde überlegt ja: 'Wie können wir das Reformationsjubiläum begehen?' Ich werde den Text auf der Bezirks- und Gemeindeebene einbringen. Für mich ist diese Ebene maßgeblich. 

Einer der Kandidaten für den Rat hat mir gespiegelt, dass wir insgesamt recht selbstsicher und selbstzufrieden sind und vielleicht doch nicht merken, wie wenig unsere Botschaft in den Gemeinden ankommt. Ich habe das mit Interesse gehört und mit dem Gefühl, dass er da nicht ganz falsch liegt und dass er da recht haben könnte. Das ist ein Punkt, auf den wir achten müssen. Was die Kundgebung zum Schwerpunkt Reformationsjubiläum angeht, fühle ich mich sehr ermahnt. 

Ein Blick über den württembergischen Tellerrand

Ich bin ganz aus dem Süden Deutschlands, aus Württemberg. Und dort herrscht eine ziemlich reservierte Haltung gegenüber der EKD. Wir sind da natürlich drin, aber einige sehen die EKD eher skeptisch. Viele haben eher Angst: 'Was macht die EKD und sind wir damit einverstanden?' Das ist bei mir jetzt nicht so, denn ich denke, es gibt große Themen, die bundesweit besser bearbeitet werden können.

Unter den Synodalen herrscht beispielsweise ein großes Interesse, sich wirklich mit der Flüchtlingsproblematik auseinanderzusetzen. Das ist völlig selbstverständlich, dass wir uns mit den dringenden Fragen beschäftigen. Ich nehme eine offene, kritische Stimmung wahr. Kritischer als ich das oft in unserer Landessynode wahrnehme.

Ich habe keine Angst, dass die Beschlüsse der EKD-Synode etwas bedeuten könnten, das wir in Württemberg nicht wollen. Beispielsweise beim Punkt Grundordnung, dass die EKD selbst Kirche sein soll, da gibt es große Anfragen aus Württemberg und Sachsen. Das kann das Gesetzeswerk zum Scheitern bringen. Aber andererseits denken bei mir zuhause, wo die Protestanten in der Minderheit sind, viele Katholiken, "EKD? Das seid doch ihr?" Das zeigt doch, dass wir als Protestanten zumindest von außen als eins wahrgenommen werden. Es ist mir auch schon ein paar Mal passiert, dass ich als Synodale zuhause angesprochen wurde. An der Arbeit als Synodale gefällt mir, dass ich einen Blick über den württembergischen Tellerrand hinaus bekomme. Das ist sehr bereichernd. 

Ich bin im Bildungs- und Diakonie-Ausschuss der Synode. Wir haben jetzt einen Antrag eingereicht, der sich für das Jahr 2017 zum Reformationsjubiläum eine Art Reformations-Projekttage wünscht. In der Jugendarbeit und im Religionsunterricht könnte erarbeitet werden, was die Reformation heute bedeuten kann. Das würden wir gerne bundesweit erreichen. Wenn das klappen würde, wäre das spannend. Das würde ich gerne vor Ort vertreten.  

Das sind also die Dinge, die ich von der Synode mit nach Hause nehme: Dass die Feier des Reformationsjubiläums vor Ort umgesetzt werden muss. Da hat mich die Arbeit hier in Bremen gestärkt. Dann, dass wir in der Flüchtlingsfrage zusammenstehen müssen, dass wir das schaffen müssen. Wir dürfen uns da nicht ausspielen lassen, auch nicht gegen die Armen in unserer Gesellschaft."