Ein Mann hält einen Globus im Arm und schaut auf ihn herab, als sei er zartes, schutzbedürftiges Baby. Das Foto des Künstlers und Musikers Micha Sass ist Teil einer kleinen Ausstellung der Umweltgruppe GreenFaith. Gezeigt werden Geschichten von Menschen, die täglich unter dem Klimawandel leiden.
Im Foyer des Hauses der Evangelischen Studierendengemeinde in Marburg geht Alwine Schulze an den Bildern entlang. Marburg ist der erste Ausstellungsort. Schulze, die Pfarrerin der Evangelischen Kirche von Kurhessen-Waldeck ist, engagiert sich seit ein paar Jahren bei GreenFaith. Sie war 2022 Gründungsmitglied des Vereins in Deutschland und ist seit diesem Sommer die Vorsitzende. An der Gruppe schätze sie die Gemeinschaft, "das Gefühl, man kämpft nicht allein", sagt die 32-Jährige. "Mir gibt es Kraft, dass überall auf der Welt Menschen sind, die sich für das Klima einsetzen."
GreenFaith, auf deutsch Grüner Glaube, ist eine multireligiöse Klimabewegung, entstanden vor 30 Jahren in den USA. Die Vision von GreenFaith laute: "80 Prozent der Menschen sind religiös - wenn wir uns verbinden, kann das etwas bewirken", sagt Alwine Schulze. In allen Religionen gebe es uralte Texte, die davon handeln, die Erde zu bewahren.
Die GreenFaith-Bewegung richtete sich 2015 nach der Klimakonferenz in Paris stärker international aus. Seitdem wachse sie vor allem in den Ländern des Globalen Südens, erzählt die Pfarrerin. In Afrika existierten sehr viele Zirkel, große Gruppen bestehen auch in Brasilien und Indonesien: "Weil dort die Menschen stärker von der Klimakrise betroffen und Lebensgrundlagen in Gefahr sind."
Bei Protesten verhaftet worden
Die weltweite Community von GreenFaith tauscht sich untereinander über Zoom oder WhatsApp aus. In Ostafrika werde ein großes Ölprojekt geplant, berichtet Schulze. Eine Pipeline soll durch Nationalparks und Friedhöfe verlaufen. Es kam zu vielen Protesten, Leute von GreenFaith seien schon verhaftet worden. In Deutschland befindet sich die Gruppe noch im Aufbau. Der Verein hat rund 20 Mitglieder aus mehreren Religionen. Erheblich mehr Leute machen allerdings bei den Aktionen mit. Im vergangenen Jahr war GreenFaith zum Beispiel auf der Bundesgartenschau und beim Deutschen Evangelischen Kirchentag vertreten. Die Gruppe gab ein Gebet- und Liederbuch für Klimaaktionen heraus. Enthalten sind Texte verschiedener Religionen, auch Lieder, die Leute von GreenFaith selbst geschrieben und auf Demonstrationen gesungen haben.
Alwine Schulze promoviert an der Marburger Universität in Evangelischer Theologie. Ihr Thema lautet: "Schöpfungstheologie im Angesicht der Klimakrise". Die Pfarrerin sagt: Je mehr sie wisse, je intensiver sie sich mit der Klimakrise befasse, "umso besser geht es mir, umso besser kann ich Strategien durchschauen, wo sich ein Einsatz lohnt". So sei der politische Einfluss wichtig, insbesondere auf den Weltklimakonferenzen, an denen regelmäßig GreenFaith-Mitglieder aus der ganzen Welt teilnehmen.
Persönlich habe sie gelernt, dass man vom Gefühl wegkommen muss, allein alles schaffen zu müssen, sagt Schulze. Besser sei es, sich ein Projekt vorzunehmen: zum Beispiel eine Wärmepumpe anzuschaffen.