Justin Welby, Erzbischof von Canterbury
dpa/AP/Alastair Grant
Justin Welby, Erzbischof von Canterbury und damit Primas von ganz England und geistliches Oberhaupt der Anglican Communion, tritt von all seinen Ämtern zurück.
Nach Missbrauchsskandal
Erzbischof von Canterbury tritt zurück
Der Erzbischof von Canterbury, Justin Welby, tritt überraschend von seinem Amt zurück. Wie die britische BBC am Dienstag berichtete, reagierte der 68-Jährige damit auf Vorwürfe, sexuellen Missbrauch jahrelang vertuscht zu haben.

In einer Erklärung sagte er: "Ich habe die gnädige Erlaubnis Seiner Majestät des Königs eingeholt und mich entschieden, als Erzbischof von Canterbury zurückzutreten."

Hintergrund ist laut BBC eine Untersuchung über einen mit der Kirche von England verbundenen Missbrauchstäter. Der Report stelle fest, dass Welby es versäumt habe, auf Berichte über den "abscheulichen" Missbrauch von Jungen und jungen Männern zu reagieren. Welby erklärte, er übernehme die persönliche und institutionelle Verantwortung für seine Rolle in dem Missbrauchsfall. Der Erzbischof von Canterbury ist das geistliche Oberhaupt der Kirche von England sowie geistlicher Leiter der mehr als 160 Länder umspannenden anglikanischen Kirchengemeinschaft.

Er fühle Trauer mit allen Opfern und Überlebenden von Missbrauch, fügte Welby hinzu. Seit der Veröffentlichung der Untersuchung über den Missbrauchsfall habe er ein "tiefes Gefühl der Scham über die historischen Versäumnisse der Kirche von England" in diesem Bereich empfunden. Der Erzbischof sah sich zuletzt einem zunehmenden Druck ausgesetzt. Unter anderem die anglikanische Bischöfin von Newcastle, Helen-Ann Hartley, hatte seinen Rücktritt gefordert.

In dem Fall ging es den Angaben zufolge um den Missbrauch von mehr als 100 Jungen und jungen Männern in den 1970er und 1980er Jahren. Der 2018 verstorbene Täter war ein prominenter Rechtsanwalt sowie ein Laienprediger, der Sommerlager für junge Christen leitete. Der Täter soll später auch in Südafrika "junge männliche Kinder im Alter von 13 bis 17 Jahren" missbraucht haben.

Der Jurist war verantwortlich für die sogenannten Iwerne Camps, in denen Schulkinder ihre Ferien verbringen konnten. Außerdem gründete er die Zambesi Ministries in Zimbabwe, wo er Kinder misshandelt haben soll. Welby wird vorgeworfen, dass er eine adäquate Strafverfolgung des Täters massiv verzögert habe, weshalb dieser nie für seine Taten belangt wurde. Er starb 2018 während der laufenden Ermittlungen.

Am Freitag hatte Helen-Ann Hartley, Bischöfin von Newcastle, zusammen mit anderen Geistlichen der Church of England in einer Petition Justin Welby zum Rücktritt aufgefordert.

Zuletzt hatte sich auch Premierminister Keir Starmer in die Debatte eingeschaltet. Starmer sagte, er sei schockiert über Missbrauchsfälle und dass die Church of England die Opfer stetig und wiederholt im Stich gelassen habe.
Mit dem Rücktritt Justin Welbys beginnt die Suche nach einem Nachfolger. 

Der neue Erzbischof von Canterbury wird von König Charles III. auf Vorschlag des Premierministers ernannt. Diesen Vorschlag erarbeitet ein 16-köpfiges Gremium innerhalb der Church of England. Bis dahin werden die Aufgaben Justin Welbys auf verschiedene Geistliche der Church of England verteilt.