Matthias Schwarz
Julia Stroh
Matthias Schwarz sitzt im Beteiligungsforum gegen sexualisierte Gewalt der EKD und wird am Montag vor der Synode in Würzburg sprechen.
Transparenz und Konsequenz
Das erwarten Betroffene von der EKD-Synode
Im Januar hatte die EKD eine Aufarbeitungsstudie zu sexualisierter Gewalt in ihren Reihen veröffentlicht. Nun steht das erste Treffen der Synode seit Vorstellung der ForuM-Studie an. Evangelisch.de-Redakteurin Sarah Neder hat mit Matthias Schwarz aus dem Beteiligungsforum Sexualisierte Gewalt gesprochen und ihn gefragt, was er von der Tagung in Würzburg erwartet.

Die Synode der EKD legt bei ihrer Tagung in Würzburg auch den Fokus auf das Thema Sexualisierte Gewalt. Am Montagnachmittag, 11. November, wird unter anderen Matthias Schwarz vor das Plenum treten. Schwarz ist Pfarrer in der Evangelischen Kirche Hessen und Nassau und sitzt im Beteiligungsforum Sexualisierte Gewalt. Dort setzt er sich dafür ein, dass die Bedürfnisse von betroffenen Personen auf höchster Kirchlicher Ebene gehört werden.

Die bisherigen Bemühungen der EKD sieht Schwarz kritisch: "Es muss sich noch eine ganze Menge verändern. Eines der größten Probleme ist der Föderalismus. Jede Landeskirche macht ihr eigenes Ding und einheitliche Standards sind nur schwer durchzusetzen." Deshalb werde das Beteiligungsforum für die EKD eine Empfehlung für die Landeskirchen erarbeiten, die gezielte Standards für die Prävention von sexualisierter Gewalt und den Schutz betroffener Personen umfasse, erläutert Schwarz. Er betont: "Das ist allerdings nicht bindend."

Besonders deutlich würden die landeskirchlichen Unterschiede bei den Anerkennungsleistungen. Schwarz moniert: "Es kann nicht sein, dass es davon abhängt, ob mir sexualisierte Gewalt in Sachsen, Bayern oder Hessen widerfahren ist. Das sehen die Landeskirchen auch so, jedoch zeigt sich die juristische Seite als ein zäher Prozess."

Nancy Janz ist Sprecherin des Beteiligungsforums. Auch sie fordert eine Vereinheitlichung der Anerkennungsleitungen und appelliert an die Synodalen: "Ich erwarte eine Stärkung der dringend notwendigen Reformen und Verantwortungsübernahme der Synodalen, die sie dann in ihre Landeskirchen tragen und dort tätig werden, jenseits von Lippenbekenntnissen." Die Synodalen müssten dafür sorgen, dass die Beschlüsse der Synode einheitlich umgesetzt würden und "es nicht wieder Sonderlösungen" gebe, betont Janz. 

Als Betroffenenvertretung fordern Schwarz und Janz von der Synode in Würzburg eine Überarbeitung des Disziplinarrechts, durch die betroffene Personen besser geschützt würden und mehr Rechte erhielten. Dazu gehöre etwa eine Akteneinsicht. Schwarz sagt, dass es ein langer Weg sei, verlorenes Vertrauen zurückzugewinnen. "Es braucht vor allem Transparenz. Es soll nichts hinter verschlossenen Türen passieren. Es gilt, Räume zu schaffen, in denen Betroffene gehört werden. Da sind zum Beispiel die Heimkinder, die sich noch nicht gehört und gesehen fühlen. Da muss die Diakonie noch einmal ran und einen Raum für diese Menschen schaffen. Das ist ganz entscheidend." 

Er sieht jedoch auch schon Schritte der Aufarbeitung, die in die richtige Richtung gingen. "Seit der Veröffentlichung der ForuM-Studie ist ein neues Bewusstsein entstanden, dass die Betroffenen mehr in Regelungen und Entscheidungsprozesse einbezieht", so Schwarz. 

Außerdem beobachte er, dass ein Umdenken in der Theologie beginne. "Begriffe wie Nähe, Distanz, Vergebung, Geschwisterlichkeit werden neu bewertet und kritisch hinterfragt." Ganz konkret würden so Pfarrer:innen, Erzieher:innen, oder Gemeindepädagog:innen für das Thema sensibilisiert. "Wenn das Thema sexualisierte Gewalt in allen Ausbildungen verankert wird, dann lernen Menschen, dass man darüber reden kann", sagt Schwarz.

Als einen weiteren, grundlegenden Bestandteil der Aufarbeitung sieht Schwarz die Zusammenarbeit mit der Bundesregierung. So hoffe er auf härtere Konsequenzen für Täter, die strafrechtlich nicht mehr belangt werden könnten. "Aber mein Vertrauen in die Politik ist auch nicht gerade groß", sagt Schwarz.