Diakonie-Präsident Rüdiger Schuch, Portrait
epd-bild/Hans Scherhaufer
Diakonie-Präsident Rüdiger Schuch warnt vor einer "menschenfeindlichen Ideologie".
Die AfD und der Wohlfahrtsstaat
Diakonie-Präsident fordert Brandmauern
Diakonie-Präsident Rüdiger Schuch fordert von der Gesellschaft "Schutzbarrieren gegen eine Politik der Ressentiments" und gegen "menschenfeindliche Ideologie". Bei einer Veranstaltung zum Thema "Inklusion" warnte er vor einer Erosion des Sozialstaats.

Beim Rummelsberger Forum in Nürnberg zeigte sich der Präsident der Diakonie Deutschland besorgt, dass der Thüringer AfD-Vorsitzende Björn Höcke fordere, eine "Inklusionsideologie" zurückzufahren. Die AfD stelle den Wohlfahrtsstaat in Frage: "Da muss die Politik Brandmauern aufbauen, sonst verlieren wir."

In den aktuellen Debatten und Wahlergebnissen zeige sich, dass Menschen die großen Veränderungen wie die digitale und die ökologische Transformation als Barrieren erlebten. Bei der Veranstaltung der Rummelsberger Diakonie zum Thema "BarrierenVielfalt" plädierte Schuch dafür, Inklusion nicht nur als Abbau von Grenzen zu verstehen.

"Manche Grenze kann auch vor Überforderung schützen." So wolle nicht jeder Mensch einen Job am ersten Arbeitsmarkt, sondern sei zufriedener in einer Werkstatt für Menschen mit Behinderung.

Auch die bayerische Sozialministerin Ulrike Scharf (CSU) warnte beim Rummelsberger Forum vor der AfD: "Dass man von einer 'Inklusionsideologie' spricht, finde ich geradezu widerlich." Es gelte jetzt vor allem mit jungen Menschen zu arbeiten und "sie sehr ernst zu nehmen". Die jüngsten Wahlen in drei Ost-Bundesländern stellten eine "politische Zäsur" dar.

Gravierender Investitionsstau

Die Rummelsberger Diakonie wolle weg von einer "BarrrieVielfalt" hin zu einer "BarriereFreiheit", erläuterte deren Finanzvorstand Tobias Gaydoul. Es gelte individuelle Barrieren wie Treppen, aber auch Hindernisse für Klimaneutralität in der Sozialwirtschaft aufzulösen. Die Rummelsberger Diakonie sei davon überzeugt, dass eine moderne und lebendige Diakonie "nur dann eine Zukunft hat, wenn wir eine Balance zwischen gesellschaftlichem Engagement, ökologischer Verantwortung und finanziellen Realitäten halten".

Es gebe einen immensen Investitionsstau in der Sozialwirtschaft, der aber in der Öffentlichkeit kaum gesehen wird, beklagte Gaydoul. Viele Sozialbauten müssten saniert werden, damit sie energieeffizient würden und auch einen Beitrag zur Klimaneutralität leisten könnten. Daher forderte er, die Kosten der Nachhaltigkeit bei der Refinanzierung von Investitionskosten zu berücksichtigen.

Die Rummelsberger Diakonie betreibt nach eigenen Angaben mehr als 300 Dienste und Einrichtungen für Kinder, Jugendliche, Familien, Menschen mit Behinderung und Senioren und beschäftigt mehr als 6.200 Mitarbeitende in Voll- und Teilzeit. Überdies bietet sie mehr als 1.200 Ausbildungsplätze in sozialen, pflegerischen und diakonischen Berufen. Geistlicher Kern des Sozialunternehmens sind die 950 in der Rummelsberger Brüderschaft zusammengeschlossenen Diakone und die knapp 300 Frauen zählende Gemeinschaft der Diakoninnen.