Sie hat dasselbe Problem wie Menschen in der Wüste: Wo nur soll man in dieser kargen Umgebung Nahrung finden? Doch die Gefleckte Höhlenspinne hat Wege gefunden, wie sie in Bergwerkstollen, felsigen Nischen oder Kellern überlebt - auch wenn dort nur wenige Beute-Insekten zu finden sind. Das Tier trägt 2024 gleich zwei Ehrentitel: Sie ist "Spinne des Jahres" sowie "Höhlentier des Jahres".
Die Höhlen haben einen großen Vorteil für den Achtbeiner: Weil die Luft dort in der Regel verlässlich feucht ist, muss die Spinne mit ihrem nur knapp fünf Millimeter langen Körper das Austrocknen nicht fürchten. Doch Beute bleibt rar - weshalb das Tierchen seine Fangmethode verfeinert hat.
Die Gefleckte Höhlenspinne bedeckt eine Wand mit einem Teppich aus Spinnfäden. Von dort aus führen Fangfäden nach unten, die mit einem Muster von Klebetröpfchen bedeckt werden. Bleibt ein Beutetier daran hängen, schnellt die Spinne zu ihm hin, tötet es durch Bisse und zieht es dann nach oben in den Netzteppich hinein. Auf diese Weise gelingt es ihr, sich trotz mageren Essensangebots leidlich zu ernähren.
Hubert Höfer vom Staatlichen Museum für Naturkunde in Karlsruhe kann sich für die Gefleckte Höhlenspinne begeistern. Er ist ihr selbst gelegentlich begegnet, etwa in einem Eiskeller im Schwarzwald, in dem früher Bier lagerte. Ins Museum habe man die kleine Spinne nicht geholt, weil sie für Besucher auch kaum zu entdecken wäre. "Je natürlicher der Lebensraum, desto weniger sieht man", erläutert der Experte.
Ihr Lebensraum verkleinert sich
Zu erkennen ist die Gefleckte Höhlenspinne an ihrem gelbgrauen Leib, der mit kräftigen schwarzen Punkten überzogen ist. An den langen, behaarten Beinen wechseln sich gelbe und schwarze Abschnitte ab. Die Weibchen werden etwas größer als die Männchen. Ihre Eier legen die weiblichen Tiere in einen kugeligen Kokon, den sie bis zum Schlüpfen des Nachwuchses an ihren Spinnwarzen tragen.
Der schwedische Insektenkundler Carl Alexander Clerck (1709 - 1765) gilt als erster Naturwissenschaftler, der die Spinnenart beschrieben hat. Er gab ihr 1757 in seinem Standardwerk über die Spinnen Schwedens den Namen Nesticus cellulanus. Clerck war es auch, der als erster konsequent bei der Benennung der Tiere die Kombination von Gattung und Artzusatz verwendete. Diese Benennung mit zwei Namen findet sich bis heute überall in der Biologie, etwa bei der Beschreibung des Menschen als homo sapiens.
Auch wenn die "Spinne des Jahres" nicht gefährdet ist - ihr Lebensraum verkleinert sich. Deshalb empfiehlt Spinnenexperte Höfer etwa, ungenutzte alte Keller nicht zu säubern, sondern sie diesen Tieren zu überlassen. Andernfalls vernichte man einen Teil ihrer Lebensgrundlage.
Dass sich neben den Spinnenexperten auch die Höhlenforscher für die Gefleckte Höhlenspinne interessieren und sie zum "Höhlentier 2024" erkoren haben, erläutert der Verband der deutschen Höhlen- und Karstforscher so: Man wolle darauf hinweisen, "dass gerade bei der Erforschung der unterirdischen Ökosysteme und der darin vorkommenden Arten noch ein enormer Handlungsbedarf besteht." Spinnenforscher seien auf die Ortskenntnisse und Techniken der Höhlenforscher angewiesen, um Erkenntnisse zu den Arten in unterirdischen Lebensräumen zu erhalten.