Turmfalke im Nest
privat
Kirche in Mecklenburg-Vorpommern
Live-Übertragung aus dem Greifvogelnest 
Im Kirchturm in Hohenselchow nistende Turmfalken und Schleiereulen können im Internet rund um die Uhr per Internet-Kamera beobachtet werden. Die Idee hatte dazu Pfarramtsassistent Lars Fischer, der für seine Einfälle bekannt ist.

Schleiereulen, Dohlen oder Fledermäuse - vielen heimischen, teils selten gewordenen Tierarten, bieten die alten Mauern und Dachstühle von jahrhundertealten Kirchen ein schützendes Zuhause. Der typische Ruf der Turmfalken ist im Umkreis vieler Gotteshäuser ein ebenso gewohnter Klang wie Glockengeläut und Orgelmusik. So ist es auch bei der St.-Johannes-Kirche in Hohenselchow, in der seit Jahren regelmäßig Turmfalken brüten. In diesem Jahr können die Vögel ebenso wie die gleich nebenan nistenden Schleiereulen rund um die Uhr per Internet-Livestream beobachtet werden. Lars Fischer, Pfarramtsassistenz der Kirchengemeinde und Mitglied des pommerschen Kirchenkreisrats, hatte die Idee dazu. Längst ist er für seine originellen Ideen im Kirchenkreis bekannt.

Zum Reformationsjubiläum schickte Fischer zum Beispiel einen Playmobil-Luther per Geocaching auf Deutschlandreise, im vergangenen Jahr organisierte er mit der Hohenselchower Kinderkirche einen Sonden-Flug an den Rand des Weltalls, bei dem spektakuläre Filmaufnahmen entstanden – nun ist die Übertragung aus dem Nistkasten sein neuestes Projekt.

Pfarramtsassistent Lars Fischer ist bekannt für ausgefallene Projekte und als Neuestes hat er eine Nistkasten-Kamera im Kirchturm ins Leben gerufen.

Anfang Mai war zu beobachten, dass bereits sechs Eier im Falkennest lagen und sorgsam vom Falkenweibchen bebrütet wurden. Das Männchen sorgte regelmäßig für Nahrung. Mittlerweile scheint das Paar die Brutpflege aber aus unbekannten Gründen abgebrochen zu haben. Lars Fischer stellte daher die Liveaufnahme auf das benachbarte Schleiereulennest um. Er hofft, dass es vielleicht hier noch Nachwuchs gibt. Seit 2021 brütet das Turmfalkenpärchen jedes Jahr im Schutz der Hohenselchower Kirche, berichtet Fischer. Im Jahr 2022 flogen vier Küken aus, 2023 waren es sogar fünf junge Turmfalken. Schleiereulenküken schlüpften letztmalig im Jahr 2020, damals verließen drei junge Eulen das Nest.

"Nachdem unsere Kirchengemeinde die Falken bereits seit Jahren aus der Ferne beobachtete, wollten wir dieses Jahr noch näher dabei sein und haben das Projekt Nistkasten-Kamera ins Leben gerufen", erzählt Fischer. "Wir wollten aber nicht nur die Aufnahmen sammeln, sondern allen, die sich interessieren, die Möglichkeit geben, live zu schauen, wie der aktuelle Stand im Nistkasten oben im Kirchturm ist." Dabei sei es die größte Herausforderung gewesen, die Livebilder ins World Wide Web zu stellen, da die Kirche keinen Internet-Zugang hat. "Eine Mobilfunkverbindung sowie ein extra Internetzugang waren aufgrund der hohen Kosten keine Möglichkeit. Da aber das Pfarrhaus in der Nähe der Kirche steht und sich dazwischen keine hohen Hindernisse befinden, haben wir uns für eine Richtfunk-WLAN-Variante entschieden", so der Pfarramtsassistent. 

Kamera hat Nachtsichtfunktion

Mittels einer Funkanlage mit Sender und Empfänger an der Kirche und am Pfarrhaus werde eine stabile Verbindung hergestellt. Die Kamera oberhalb des Nistkastens sende ihre Aufnahmen über diese Verbindung rund um die Uhr, führt Fischer aus. Das Livestreaming auf YouTube war zwar Neuland für ihn, doch nach einigen Versuchen und Tests sei auch das gelungen. Sogar mit einer Nachtsichtfunktion sei die Kamera ausgestattet. So können Interessierte die Schleiereule trotz Dunkelheit im Nistkasten problemlos beobachten. Für die Verbesserung der Greifvogelbehausung im Hohenselchower Kirchturm hat Fischer auch schon Pläne. Die Schleiereulen sollen eine vom Falkennest getrennte Einflugmöglichkeit bekommen, damit die Tiere noch mehr Ruhe im Nest haben. Doch das ist erst nach dem Ende der Brutsaison möglich, um die Vögel nicht zu stören.