Die Evangelische Landeskirche in Württemberg muss in Zukunft stärker sparen als geplant. Wie der langfristige Sparkurs konkret aussehen soll, darüber gab es am Freitag bei der in Stuttgart tagenden Landessynode eine emotionale Diskussion. In einer Abstimmung einigte sich das Kirchenparlament darauf, die Eckwerte für den kommenden landeskirchlichen Doppelhaushalt für 2025 und 2026 zu beschließen und damit einer geplanten Kürzung von gut 32 Millionen Euro im ersten und weiteren 32 Millionen im zweiten Jahr zuzustimmen. Kaum betroffen von diesen Einsparungen sind die Kirchengemeinden.
Wolle man für den nächsten Doppelhaushalt der Jahre 2025 und 2026 einen ausgeglichenen Haushalt erhalten, müssten jährlich je 129 Millionen Euro eingespart werden, sagte Jörg Antoine, kommissarischer Leiter des Finanzdezernats. "Das ist ein erschreckend hoher Betrag". Doch ohne diese Einsparungen seien die Rücklagen bis zum Jahr 2026 aufgebraucht.
Da es nicht realistisch sei, eine so hohe Summe von einem auf das andere Jahr einzusparen, solle dies schrittweise geschehen: In den nächsten vier Jahren müssten jeweils ein Viertel, also jeweils rund 32 Millionen Euro eingespart werden, sodass es erst 2028 wieder einen ausgeglichenen Haushalt gebe. Für den Übergang bis 2027 sei eine Entnahme aus den Rücklagen der Landeskirche in Höhe von etwa 290 Millionen Euro nötig.
Ob 2027 und 2028 pro Jahr zusätzliche 64,5 Millionen eingespart werden sollen, wie es der Oberkirchenrat empfiehlt, ist noch unklar. Martin Plümicke vom Gesprächskreis "Offene Kirche" regte an, diese notwendigen Einsparsummen über einen längeren Zeitraum zu strecken. Über diesen Vorschlag werde man in der nächsten Sitzung des Finanzausschusses diskutieren, kündigte dessen Vorsitzender, Tobias Geiger, an.
Grund für die hohe Einsparsumme seien vor allem der Kirchensteuerrückgang, die Sachkosten - und Personalkostensteigerungen sowie eine notwendige Vorsorge für die Pensionen, erläuterte Finanzchef Antoine. So seien die Erwartungen an die Kirchensteuerentwicklung "zu optimistisch" gewesen.
Synode und Oberkirchenrat der Evangelischen Landeskirche in Württemberg wollen ihre Anstrengungen zur Aufarbeitung sexueller Gewalt in Kirche und Diakonie verstärken. "Denn wir wissen, dass Übergriffe, Grenzverletzungen und sexualisierte Gewalt in unserer Kirche vorgekommen sind und immer noch vorkommen", heißt es in einer bei der Synodentagung vorgestellten gemeinsamen Erklärung. Am 25. Januar hatte der unabhängige Forschungsverbund ForuM im Auftrag der EKD und der Diakonie eine Studie über Risikofaktoren und Ausmaß sexualisierter Gewalt vorgestellt.
Die Ausmaße sexuellen Missbrauchs innerhalb der evangelischen Kirche könnten nach Worten des Kirchenhistorikers Thomas Großbölting deutlich größer sein als bislang angenommen. Die in der im Januar veröffentlichten ForuM-Studie genannten 2.225 Betroffenen und 1.259 mutmaßlichen Täter seien lediglich "die Spitze des Eisbergs", sagte Studien-Mitautor Großbölting.
Rechne man die gesichteten Personal- und Disziplinarakten hoch, könne man von 9.300 Betroffenen und 3.500 Beschuldigten ausgehen. Das sei nicht mehr oder weniger als in anderen Bereichen der Gesellschaft auch, so Großbölting weiter. Statistisch gesehen sei der durchschnittliche mutmaßliche Täter innerhalb der evangelischen Kirche etwa 40 Jahre alt, verheiratet und wird mit mehreren Taten in Verbindung gebracht. Sexualisierte Gewalt innerhalb der evangelischen Kirche ist laut Großbölting ein Männerproblem. Auch unter den Opfern seien mehr Jungen als Mädchen. Das Durchschnittsalter der Betroffenen liegt laut Studie bei elf Jahren.