Die Evangelische Kirche in Deutschland (EKD) und die Diakonie haben sich auf einen Fahrplan für die Umsetzung von Empfehlungen aus der Ende Januar veröffentlichten Missbrauchsstudie geeinigt. Das Beteiligungsforum sexualisierte Gewalt, das bis Montagabend beraten hatte, habe einen "klaren Zeitplan für die Entwicklung von geeigneten Maßnahmen" erarbeitet. Diese sollten im November der Synode der EKD zur Abstimmung vorgelegt werden, heißt es in einer am Dienstag in Hannover veröffentlichten Mitteilung der EKD.
Verschiedene Maßnahmen sind laut Mitteilung bereits in der Umsetzung: Reformen der Disziplinarverfahren und Anerkennungsverfahren seien bereits auf dem Weg. Zur Vernetzung betroffener Personen werde die digitale Plattform BeNe bald online gehen. Die Unterzeichnung der Gemeinsamen Erklärung mit der Missbrauchsbeauftragten der Bundesregierung, Kerstin Claus, ebne zudem den Weg für systematische Aufarbeitung über die Studie hinaus.
Ende Januar hatte der unabhängige Forschungsverbund ForuM eine Studie zu sexualisierter Gewalt in der EKD und der Diakonie vorstellt und dabei auf deutliche Mängel im Umgang mit Missbrauch und dessen Aufarbeitung verwiesen. Die Forscher attestierten unter anderem eine "Verantwortungsdiffusion" und die Ausgrenzung von Betroffenen, die ihre Erfahrungen öffentlich machen wollten. Das Beteiligungsforum sexualisierte Gewalt hat 17 Mitglieder, darunter acht Betroffenenvertreter. Es ist das zuständige Gremium für das Thema auf Ebene der EKD. Betroffene und Kirchenvertreter beraten darin gleichrangig, Entscheidungen können nur mit doppelter Mehrheit getroffen werden.
Die Sprecherin der Betroffenenvertretung, Nancy Janz, erklärte, man habe die Empfehlungen des Forschungsverbunds zunächst sortiert, priorisiert und verschiedenen Ebenen und Verantwortlichen zugewiesen. "Wir haben erarbeitet, welche Maßnahmen zu welchen Empfehlungen passen, damit Kirche und Diakonie möglichst zügig in die Umsetzung gehen können. Betroffene müssen jetzt eine Verbesserung ihrer Lage feststellen können und nicht erst in fünf Jahren", forderte sie.
"Wir brauchen Bewusstsein dafür, dass das Thema alle betrifft."
Die Sprecherin der kirchlichen Beauftragten im Beteiligungsforum, Kirchenpräsidentin Dorothee Wüst, betonte: "Wir brauchen Bewusstsein dafür, dass das Thema alle betrifft." Janz' Kollege als Betroffenensprecher, Detlev Zander, mahnte, es bleibe noch viel zu tun. "Das Thema muss in alle Köpfe", sagte er. Die Beratungen seien intensiv und arbeitsreich gewesen.
Wichtig ist laut Zander nun auch, dass die 20 Gliedkirchen der EKD und die diakonischen Landesverbände Macht abgeben. Zudem müssten sie jetzt genügend Geld und Personal für die Umsetzung der Empfehlungen der Forscher und des Beteiligungsforums einsetzen.
Der nächste Schritt sind laut Mitteilung gemeinsame Beratungen von Kirchenkonferenz und Rat der EKD mit Mitgliedern des Beteiligungsforums im März. Erstmals werden laut Zander Betroffenenvertreter aus dem Beteiligungsforum dann an einer Ratssitzung teilnehmen. Im April und im Mai folgen zudem weitere Sitzungen des Beteiligungsforums.