Die evangelische Kirche und ihr Wohlfahrtsverband haben am Mittwoch Diakonie-Präsident Ulrich Lilie in den Ruhestand verabschiedet. Lilie stand seit 2014 an der Spitze der Diakonie Deutschland. Von 2017 bis 2019 war Ulrich Lilie außerdem Vorstandsvorsitzender des Evangelischen Werkes für Diakonie und Entwicklung und von 2021 bis 2022 Präsident der Bundesarbeitsgemeinschaft der freien Wohlfahrtspflege.
Die amtierende Ratsvorsitzende der EKD, Bischöfin Kirsten Fehrs, würdigte die Arbeit des scheidenden Diakonie-Präsidenten: "Ulrich Lilie hat in seinen beruflichen Stationen keine Gelegenheit ausgelassen, um Gottes bedingungslose Liebe mit der eigenen kreativen Unruhe mit auf die Welt zu helfen. Ob als Gemeindepastor in Karlsbrunn und später in Düsseldorf, ob als Seelsorger im Krankenhaus und später besonders hingebungsvoll im Hospiz, ob als Superintendent oder Theologischer Vorstand der Graf-Recke-Stiftung in Düsseldorf oder nun hier als Präsident der Diakonie Deutschland seit 2014 – er hat gemeinsam mit vielen Mitstreiter:innen ideenreiche Wege gefunden, diese Liebe Gottes zu erden. In Wärmeräumen für die Gesellschaft. In den Sterbezimmern coronaler Einsamkeit. Inmitten vom sozialen Elend in diesem trotz Krise immer noch reichen Land."
Zudem hob Fehrs in ihrer Ansprache hervor: "Du hast immer wieder solche Worte und Bilder und Hashtag-Aktionen gefunden, um das auf den Boden der Tatsachen zu holen, was wir als das Zentrum einer inkarnatorischen und inklusiven Theologie verstehen. Und wie es darin um das Wesen einer diakonischen Kirche und einer kirchlichen Diakonie geht, die hinaus in diese Welt geht und Evangelium lebt. Und zwar grenzenlos #ausLiebe. Die aber genau dort die Grenzen setzt, wo Lieblosigkeit, Verletzung und soziale Ungerechtigkeit, ja wo ausschließlich das Recht des Stärkeren sich durchzusetzen drohen."
Abschiedspredigt: Mehr Frauen in Führungspositionen
In seiner Abschiedspredigt kritisierte Lilie die mangelnde Beteiligung von Frauen in Führungspositionen auch bei der Diakonie sowie Antisemitismus und Populismus. "Die Lukaschenkos, die Kim Jong-uns, die Trumps, die Erdogans, die Ghaddafis, die Putins dieser Welt gewinnen - bei aller Unterschiedlichkeit - immer wieder Oberwasser", sagte er laut Predigtmanuskript. Immer wieder gewännen "Psychopathen und Egomanen, ausgemachte Verfassungsfeinde Wahlen", sagte er. Es sei "fast so, als sehnten sich die Menschen nach Motorsägen, Hoffart, Hochmut und Narzissmus".
Dagmar Pruin, Vorstandsvorsitzende des Evangelischen Werkes für Diakonie und Entwicklung (EWDE) und Präsidentin von Brot für Welt, dankte Ulrich Lilie im Namen des EWDE und seiner drei Marken Brot für die Welt, Diakonie Deutschland und Diakonie Katastrophenhilfe und würdigte die gute Zusammenarbeit im EWDE-Vorstand: "Gemeinsam konnten wir werksübergreifende Themen wie Migration, Nachhaltigkeit oder Gendergerechtigkeit voranbringen. Außerdem hat Ulrich Lilie mit großer Offenheit und Tatkraft die Digitalisierung und Modernisierung des EWDE gestaltet. Im Vorstand konnten wir so die Weichen für ein erfolgreiches, zukunftsfähiges EWDE stellen. Ich bin von Herzen dankbar für die vertrauensvolle Zusammenarbeit mit Ulrich Lilie."
Nachfolger stammt aus NRW
Nachfolger von Lilie wird zum Jahresanfang der Theologe Rüdiger Schuch. Schuch war bislang Beauftragter der evangelischen Kirchen bei Landtag und Landesregierung in Nordrhein-Westfalen.
Aktuell arbeiten nach Angaben des Bundesverbandes, der seinen Sitz in Berlin hat, mehr als 627.000 Menschen für die Diakonie. Der evangelische Verband gehört damit zu den größten Arbeitgebern in Deutschland. Zu den rund 33.400 Einrichtungen zählen Krankenhäuser, Pflegedienste, Kindergärten oder Anlaufstellen für Obdachlose und Geflüchtete. Mehr als zehn Millionen Menschen nehmen jährlich die Dienste in Anspruch, rund 700.000 Ehrenamtliche unterstützen die Arbeit.