In einleitenden Worten ging sie sehr persönlich auf ihr neues Amt ein.
"Ich habe hohen Respekt vor dieser Aufgabe, gerade auch angesichts der 'ForuM'-Studie zum Thema sexualisierte Gewalt, die Ende Januar veröffentlicht wird", sagte Fehrs. Die sich daraus ergebenden Veränderungsprozesse gelte es mit Übersicht, Klarheit und Feingefühl zu begleiten. Ihre Vorgängerin Annette Kurschus war am vergangenen Montag zurückgetreten. Kurschus wird vorgeworfen, sie sei nicht transparent mit einem mutmaßlichen Fall sexualisierter Gewalt an ihrem früheren Wirkungsort Siegen umgegangen.
"Ich bedaure persönlich sehr, dass es zu diesem Rücktritt gekommen ist", sagte Fehrs. Zugleich sei sie dankbar, dass das Beteiligungsforum stringent daran festhalte, die Aufarbeitung von sexualisierter Gewalt voranzutreiben.
Mit klaren Worten ging Fehrs auf die aktuelle nationale und internationale Lage ein. "Wir alle spüren dieses Gefühl: Die Welt ist aus den Fugen geraten." Die Bischöfin sprach von Hass und Terror in Nahost und davon, dass in Deutschland ein um sich greifender Antisemitismus wahrzunehmen sei. Sie betonte: "Antisemitismus ist Sünde. Gottlos und nicht zu dulden."
In ihrem Rückblick erwähnte Fehrs unter anderem die Gedenkveranstaltungen am 9. November auf dem ehemaligen Bornplatz sowie am 28. Oktober nahe dem Bahnhof Altona in diesem Jahr. Am 28. Oktober 1938 wurden in Hamburg sowie reichsweit jüdische Frauen, Männer und Kinder mit polnischer Staatsangehörigkeit nach Polen ausgewiesen. Viele wurden später ermordet. In der Nacht vom 9. auf den 10. November 1938 wurden überall in Deutschland Synagogen sowie jüdische Geschäfte und Wohnungen zerstört. Menschen jüdischen Glaubens wurden verhaftet, bedroht und ermordet.
Als "spannendes Projekt" bezeichnete Fehrs das von der Stadt Hamburg finanzierte "Housing First"-Modellprojekt. Obdachlose erhielten hierbei keine befristete Übergangsunterkunft, sondern bekämen gleich zu Beginn eine vollwertige Wohnung mit allen Rechten und Pflichten, lobte sie. "Housing First Hamburg" ist zunächst auf drei Jahre angelegt. Damit sollen gezielt Menschen erreicht werden, die seit langer Zeit ohne Wohnung sind und denen aufgrund ihrer unterschiedlichen Probleme bislang kein Wohnraum vermittelt werden konnte.
19. Tagung der Landessynode in Travemünde
Die Landessynode der evangelischen Nordkirche tagt seit Freitag in Travemünde. Ein Themenschwerpunkt ist die geplante Gründung eines Ökumenewerks der Nordkirche zum 1. Januar 2024. Mit einem christlich-jüdischen Gottesdienst hat die Landessynode der evangelischen Nordkirche am Freitag ihre 19. Tagung in Lübeck-Travemünde begonnen. Im Mittelpunkt des Gottesdienstes in der St. Lorenzkirche standen Krieg und Terror im Nahen Osten, das Leid der Menschen in Israel und in Gaza, der wachsende Antisemitismus und die Sorge vor einer tiefen Spaltung der Gesellschaft hierzulande. Die Predigt hielt Landesrabbiner Yuriy Kadnykov (Mecklenburg-Vorpommern).
Der Landesrabbiner sprach über den 669 Mal in der hebräischen Bibel erwähnten Wiederaufbau Jerusalems. Dieser symbolisiere mehr als nur die Wiederherstellung physischer Strukturen. "Es ist die Erfüllung der Prophezeiungen. Es geht um die Erneuerung des Glaubens, der Hoffnung und der Gemeinschaft." Der Wiederaufbau sei für viele ein Akt des Glaubens, der zeige, "dass trotz aller Zerstörung die Hoffnung nie stirbt."
In der heutigen Welt gebe es "viele Jerusalems'", sagte Kadnykov und meinte damit Gemeinschaften, die durch Konflikte, Naturkatastrophen oder andere Krisen zerstört wurden. "Unsere Aufgabe ist es, nicht nur materielle, sondern auch spirituelle und soziale Unterstützung zu leisten."
Solidarität mit Jüdinnen und Juden
Gemeinsam mit dem Bischofsrat bekundete die Landessynode ihre Solidarität mit den jüdischen Mitbürgerinnen und Mitbürgern. "Aus der Geschichte erwächst unserem Volk eine besondere Verantwortung für unsere jüdischen Mitbürger:innen und für den Staat Israel als sicheren Zufluchtsort", sagte Präses Ulrike Hillmann. Das dürfe nicht in Vergessenheit geraten.
Ausdrücklich wurde das Bestreben der Landesregierung Schleswig-Holsteins unterstützt, den Schutz jüdischen Lebens in die Verfassung mit aufzunehmen, so wie es in Hamburg seit Anfang 2023 schon der Fall ist. Die Nordkirche wünsche, dass Mecklenburg-Vorpommern diesem Bestreben folgt.
Auf der zweitägigen Tagung soll auch der christlich-islamische Dialog thematisiert werden. Der Beauftragte der Nordkirche, Sönke Lorberg-Fehring, will am Freitagabend über seine Arbeit mit christlichen und muslimischen jungen Menschen berichten.
Ein Schwerpunkt der Synode wird die geplante Gründung eines Ökumenewerks der Nordkirche zum 1. Januar 2024 sein. Das geplante Werk soll das Zentrum für Mission und Ökumene und die bislang unselbstständigen, einzelnen Beauftragten der Nordkirche für die Aufgaben in den Bereichen Ökumene, Flüchtlingsarbeit, Friedensarbeit sowie das Seemannspfarramt unter ein Dach bringen, heißt es.
Weitere Themen sind unter anderem der turnusmäßige Bericht der Bischöfin im Sprengel Hamburg und Lübeck, Kirsten Fehrs, die Verwendung der Energiepreispauschale durch die Diakonischen Werke sowie der Tourismusfonds der Nordkirche.
Die Landessynode mit 156 Mitgliedern ist das Kirchenparlament und damit das höchste Leitungsgremium der Nordkirche und ihrer rund 1,8 Millionen Mitglieder. Die Synodalen repräsentieren die verschiedenen Ebenen der Nordkirche und arbeiten mehrheitlich ehrenamtlich.