Fast drei Viertel der ambulanten Pflegedienste unter dem Dach der Diakonie beurteilen ihre finanzielle Lage skeptisch. In einer in Berlin veröffentlichten Umfrage schätzten knapp 73 Prozent der Dienste ihre wirtschaftliche Situation als "angespannt" ein. Mehr als die Hälfte (54 Prozent) haben bereits im vorigen Jahr mit einem Defizit abgeschlossen.
Etwa ein Drittel der Träger hat nur eine Rücklage für drei Monate, um Einnahmeausfälle zu überbrücken. Acht Prozent gehen davon aus, in den nächsten beiden Jahren aufgeben zu müssen. Die Deutsche Stiftung Patientenschutz verwies auf gravierende Folgen für die Pflegebedürftigen und ihre Angehörigen.
Die finanzielle Bedrängnis wird nach Angaben der ambulanten Dienste vorrangig durch Zahlungsverzug der Kranken- und Pflegekassen verursacht sowie eine schleppende Refinanzierung der Tariferhöhungen für Altenpflegekräfte. Zufrieden mit ihren Einnahmen sind 17 Prozent der Dienste, als "gut und besser" schätzen fünf Prozent ihre wirtschaftliche Lage ein.
Diakonie-Sozialvorständin Maria Loheide kritisierte, nicht nur die Kranken- und Pflegekassen, auch Kommunen und Sozialhilfeträger ließen sich beim Bezahlen der Dienste viel Zeit. Hinzu kämen die steigenden Preise für Materialien und die Autos der Dienste.
Hauptproblem Fachkräftemangel
Aber nur wenn die Pflegedienste ausreichend finanziert würden, könnten sie genug Fachkräfte gewinnen, sagte Loheide: "Wenn die wirtschaftliche Sicherung misslingt, bekommt Deutschland ein massives Problem bei der Versorgung der pflegebedürftigen Menschen." Der Fachkräftemangel wird inzwischen als das größte Problem in der Pflege angesehen.
In der Altenpflege versorgen die Angehörigen vier Fünftel der rund fünf Millionen Pflegebedürftigen in Deutschland, davon 70 Prozent mithilfe von Pflegediensten und der häuslichen Krankenpflege. Die Online-Umfrage in der Diakonie erfolgte im Juni und Juli 2023. Von 1.460 Trägern mit einem oder mehreren Pflegediensten beteiligten sich 526, das sind 45 Prozent. Die Diakoniestationen beantworteten sieben Standardfragen sowie eine offene Frage zu ihrer wirtschaftlichen Situation.
Nach Angaben der Deutschen Stiftung Patientenschutz schlägt die prekäre Situation der Dienste voll auf Pflegebedürftige und ihre Angehörigen durch. Da gesetzliche Kündigungsregeln fehlten, komme es immer häufiger vor, dass Dienste binnen eines Tages fernblieben, erklärte Vorstand Eugen Brysch. Auch werde es für Pflegebedürftige immer schwerer, professionelle Hilfe in den eigenen vier Wänden überhaupt zu bekommen.
Brysch forderte einen Rechtsanspruch der Betroffenen gegenüber den Pflegekassen auf Grund- und Behandlungspflege. Ebenso müsse der Kündigungsschutz für die hilfsbedürftigen Menschen gesetzlich geregelt werden, die ambulante Altenpflege benötigen.