Diesen Sommer war ich einige Tage in Hofgeismar in Deutschland. Denn hier fand vom 19. August bis zum 2. September 2023 eine internationale Sommerschule zum Thema Friedensförderung und Menschenrechtsschutz statt. Sie wurde von der Vereinten Evangelischen Mission (VEM) in Zusammenarbeit mit dem Ökumenischen Rat der Kirchen, der Evangelischen Mission Weltweit, MISEREOR, der Weltgemeinschaft Reformierter Kirchen und Brot für die Welt organisiert.
Wer die VEM Summer School nicht kennt: Es handelt sich um einen Ausbildungskurs für Konfliktlösung, Mediation und Menschenrechtsschutz im Kontext zunehmend beschränkter Räume für Zivilgesellschaft und Kirchen. Es nahmen 20 Personen aus elf Ländern aus vier Kontinenten teil – Asien, Europa, Afrika und Lateinamerika. Ich durfte eine von ihnen sein.
Moasenla arbeitet als Programmkoordinatorin für das Clark Centre for Peace Research and Action (CCPRA) in Mokokchung, Nagaland, Indien. Sie ist überzeugt: Kirchen kommt bei Friedensstiftung und -bewahrung eine Schlüsselrolle zu.
Was bedeutet Mission heute? Das ist nicht leicht zu beantworten. Doch mission.de will genau das. Hier kommen Menschen zu Wort, die weltweit in Mission und Ökumene vernetzt und zuhause sind und etwas zu sagen haben. Ein Blog gibt Raum für pointierte Meinungen, aktuelle Themen und Beiträge zu laufenden Diskursen. mission.de ist eine Initiative evangelischer Missionswerke, Verbände und Kirchen unter dem Dach der Evangelischen Mission Weltweit (EMW).
Die Evangelische Mission Weltweit (EMW) ist eine Gemeinschaft von evangelischen Kirchen, Werken und Verbänden in Mission und Ökumene. Missionstheologie, theologische Ausbildung weltweit, Schöpfung und Nachhaltigkeit, Dialog der Religion, interkulturelle und kontextuelle Theologien sowie Frieden und Gerechtigkeit gehören zu den Themen der Dach- und Fachorganisation.
Ich habe immer das Gefühl, dass die Schaffung von Frieden eine der wichtigsten, aber auch schwierigsten und herausforderndsten Aufgaben unserer Zeit ist. Wir sind mit zahlreichen Themen und Problemen wie Armut, Menschenhandel, Rassismus, Konflikten um die Geschlechtsidentität, Klimawandel, religiösen Konflikten, politischer Instabilität und Korruption usw. konfrontiert. Diese Sommerschule ermöglichte es mir, meinen Standpunkt als Christin und als Friedensarbeiterin zu hinterfragen. Teilnehmende aus elf Ländern engagieren sich in friedensfördernden Initiativen, und ich konnte beobachten, wie sich jede:r von ihnen mit Eifer für den Frieden einsetzt. Wir schätzen die Schönheit und Einzigartigkeit unserer eigenen Länder gleichermaßen, wir wollen uns als die Besten darstellen, doch jedes Land ist mit Konflikten konfrontiert, auf die wir nicht wirklich stolz sind.
Konflikte bieten Chancen
Die Möglichkeit, mit Teilnehmenden auf internationaler Ebene in Kontakt zu treten, hat mir bewusst gemacht, dass wir voneinander lernen müssen, wie wir Konflikte analysieren und lösen können. Während ich mich mit Freunden aus anderen Ländern austausche, ist mein Geist in der Lage, eine Verbindung zu einem größeren geistigen Raum herzustellen und die Aussicht auf Erfolg, Misserfolg und Fortschritt in meinem eigenen Kontext und meinem eigenen Arbeitsbereich zu sehen. Jeder Kontext, jedes Ereignis, jede Geschichte, jede Meinung und jede Information, die wir austauschen, ist eine wertvolle Quelle, um eine gemeinsame Basis für den Frieden zu schaffen, die erreichbar ist. Wir haben über Themen und Konflikte gesprochen, die allen gemeinsam und einigen eigen sind, und wenn wir über die Mechanismen und Ansätze zur Problemanalyse und -lösung nachdenken, gibt es auch eine positive Seite. Wir können Konflikten nicht immer nur negativ gegenüberstehen, denn sie bieten uns Raum und Gelegenheit, Veränderungen, Umgestaltungen und politische Maßnahmen herbeizuführen, die für alle von Vorteil sind.
Neutral zu bleiben, ist weder friedensstiftend noch friedenserhaltend
Als Mitglied der Kirche und als Teil einer größeren christlichen Gemeinschaft sind unsere Reaktion und unser Engagement notwendig. Ich habe jedoch das Gefühl, dass die Kirchen insbesondere in meinem Umfeld immer zweifelnd, ineffektiv oder passiv sind, wenn es darum geht, auf Ungerechtigkeit, Menschenrechtsverletzungen, Verbrechen, Gewalt, Geschlechterfragen, Fundamentalismus und Korruption zu reagieren oder mutig dagegen vorzugehen.
Den Kirchenleitenden geht es in erster Linie darum, das Evangelium zu verkünden, doch für Frieden, Integrität, Gerechtigkeit, Menschenrechte und Transparenz einzutreten, scheint aufgrund von Unwissenheit, falscher Auslegung der Heiligen Schrift, mangelndem Interesse, mangelnder Bildung oder mangelndem Bewusstsein nicht möglich zu sein. Zweifellos sind unsere Standpunkte, Überzeugungen und Werte biblisch und theologisch begründet, aber die Kirche ist auch ein Teil der Gesellschaft, und unsere sozialen Anliegen nehmen enorm zu.
Ich glaube, dass die christlichen Gemeinschaften heute mehr denn je dazu aufgerufen sind, in den schrumpfenden Räumen der Zivilgesellschaften als Anwält:innen, Teilnehmende und Friedensvermittler:innen aufzutreten. Neutral, unbeteiligt, unbehelligt, unmotiviert und passiv zu bleiben, ist weder friedensstiftend noch friedenserhaltend. Dieser Workshop hat mir bewusst gemacht, dass zivilgesellschaftlich Tätige die Unterstützung der Kirche brauchen und dass die Kirche aufgeklärt werden muss. Es ist daher wichtig, biblische Prinzipien und Lehren in unserem Streben nach Frieden, Gerechtigkeit und Integrität im öffentlichen Raum zu stärken und zu integrieren.
evangelisch.de dankt der Evangelischen Mission Weltweit und mission.de für die inhaltliche Kooperation.