Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier hat Versuche für eine Vermittlung im Krieg gegen die Ukraine begrüßt. Es sei wichtig, dass auf politischer Ebene gemeinsam mit der Ukraine darüber nachgedacht werde, wie eine Friedenslösung aussehen könnte, sagte Steinmeier zur Eröffnung des internationalen Friedenstreffens der katholischen Gemeinschaft Sant' Egidio am Sonntag in Berlin. Entsprechende Gespräche in der Vergangenheit in Kopenhagen und Dschidda bezeichnete er als "ersten wichtigen Schritt".
Gleichzeitig betonte Steinmeier, es müsse ein gerechter und langfristiger Frieden sein, "nicht nur eine Gefechtspause, die Russland erlaubt, neue Truppen an die Front zu bringen". Wann Frieden gewagt werden könne, "diese Entscheidung liegt bei der Ukraine", sagte Steinmeier in Anlehnung an das Motto des Treffens "Den Frieden wagen".
"Nicht die Ukraine oder die Länder, die sie unterstützen, verweigern sich dem Frieden", sagte Steinmeier. Es sei Russland, das sich dem Frieden verweigere, sagte der Bundespräsident und verteidigte erneut die deutschen Waffenlieferungen an die Ukraine.
Kurschus: Starke Ukraine und das Bemühen ins Gespräch zu kommen
Ähnlich äußerte sich auch die Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), Annette Kurschus. Es braucht beides, "eine starke Ukraine, die sich und ihre Freiheit verteidigen kann, und das Bemühen, ins Gespräch zu kommen, die Waffen zum Schweigen zu bringen und dem tausendfachen Sterben ein Ende zu bereiten", erklärte sie in ihrem Grußwort.
Die Redner der Eröffnungsveranstaltung, darunter auch der wichtige muslimische Geistliche Ahmed Al-Tayyeb und Militärrabbiner Zsolt Balla, betonten die Verantwortung von Religionsgemeinschaften für friedliche Konfliktlösungen. Der Vorsitzende der katholischen Deutschen Bischofskonferenz, Georg Bätzing, mahnte laut Redemanuskript dabei auch Selbstkritik an. Auch gegenwärtig erlebten Religionen, "dass jene eigenen Kräfte stärker werden, die andere Religionen an den Rand zu drängen drohen". Sie müssten sich mit gewaltbereiten, extremistischen Strömungen auseinandersetzen. Als "nicht hinnehmbar" bezeichnete er die Unterstützung des russischen Angriffskriegs auf die Ukraine durch die dortige orthodoxe Kirche.
Zu dem internationalen Treffen von Sant' Egidio werden bis Dienstag hochrangige Vertreter der Weltreligionen in Berlin erwartet. Die Gemeinschaft hat es sich zur Aufgabe gemacht, zwischen Konfliktparteien zu vermitteln. Oft habe die Gemeinschaft dort vermittelt, "wo die Politik gescheitert ist oder jedenfalls nicht vorankam", würdigte Steinmeier die Arbeit von Sant' Egidio. Als Außenminister hatte er eine eigene Abteilung für den Dialog der Religionsgemeinschaften im Auswärtigen Amt eingerichtet.
Einmal im Jahr veranstaltet die Gemeinschaft an wechselnden Orten ein Friedenstreffen. Der Gründer der Gemeinschaft, Andrea Riccardi, hob den Ort des diesjährigen Treffens hervor. Berlin sei eine Stadt, in der die Geschichte nie verstumme, sagte er und verwies auf die Schoah und die friedliche Revolution. Heute sei die Welt weit entfernt von den Hoffnungen, die man nach dem Fall der Mauer hatte. Am Dienstag wird Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) auf dem Treffen erwartet.