Schwarze Jurten und Iglu-Zelte sind weitläufig über die Wiese des Kurparks in Lüneburg verstreut. Dazwischen sitzt "Fridays for Future"-Sprecher Pit Terjung (18) auf einer Bierbank und zeigt sich zufrieden über den Verlauf des Sommerkongresses der Bewegung. Die Zusammenkunft sei ein "großer Hoffnungsmoment", sagte der Schüler am Donnerstag (10.08.2023).
Die Aktivisten ließen sich nicht davon entmutigen, dass die Bundesregierung das Klimaschutzgesetz entkernt und ihre Klimaschutz-Ambitionen begraben habe. In Lüneburg schöpften die Aktivisten Kraft für neue Proteste. Zudem träfen sie Vorbereitungen für den globalen Klimastreik am 15. September.
Nach Angaben der Organisatoren sind für den Kongress ab Dienstag aus dem ganzen Bundesgebiet rund 500 Aktivisten zwischen 14 und 29 Jahren zusammengekommen, um Erfahrungen und Wissen zu teilen. Geschlafen wird in Schulen oder in Zelten. In den Veranstaltungen in den Räumen der Universität können die Teilnehmer neue Fähigkeiten erwerben, etwa im Bereich Pressearbeit oder für die Gewinnung neuer Menschen in den Ortsgruppen. Auch Seminare, die Fachwissen zum Klimawandel vermitteln, sind Teil des Programms.
Auch im fünften Jahr von "Fridays for Future" bleibe die Aufgabe, die Bewegung breiter gesellschaftlich zu verankern, sagte Terjung. "Hierfür müssen wir raus der Bubble und versuchen, Milieugrenzen zu überwinden." Auch die Zusammenarbeit mit Gewerkschaften solle vertieft werden. Sprecherin Nele Evers (18) ergänzte, dass "Fridays for Future" nicht nur Bürgerinnen und Bürger aus dem politisch linken und grünen Spektrum ansprechen wolle. Alle Menschen, auch altersunabhängig, seien aufgerufen, sich dem Klimaprotest anzuschließen.
Keine "erhobene Zeigefinger Mentalität"
Fragen des Lebensstils stehen Terjung zufolge nicht im Zentrum der Forderungen von "Fridays for Future". Der Aktivist sprach sich gegen eine "Mentalität des erhobenen Zeigefingers" aus. Entscheidend für den Klimaschutz sei nicht das individuelle Verbraucherverhalten. Der große Hebel für mehr Klimaschutz liege bei der Bundesregierung. "Wer bei uns streikt, kann Fleisch essen, kann Auto fahren, kann sich frei fühlen, kann auch die Letzte Generation schlecht finden."
Unter den Referentinnen und Referenten des Kongresses sind unter anderem Hochschulprofessoren wie der Klimaforscher Carl Friedrich Schleußner von der Humboldt-Universität Berlin. Die prominente Klimaaktivistin Luisa Neubauer leitet ein Rhetorik-Seminar. Für Freitag haben die Aktivisten eine "Laufdemo für die Verkehrswende, Stärkung der Schiene und für einen Neubau einer Zugstrecke Hamburg-Hannover entlang der A7" in Lüneburg angekündigt. Der Kongress endet am Sonnabend.