Bei einem Symposium in der Evangelischen Akademie Tutzing zum Thema Öffentliche Theologie sagte der scheidende bayerische Landesbischof Heinrich Bedford-Strohm: "Es gibt gute Gründe dafür, dass eine breite Gemeinschaft von Staaten Streubomben völkerrechtlich geächtet hat." Sie seien anders als andere Waffen gerade für die Zivilbevölkerung von besonders zerstörerischer Wirkung, auch nach dem Ende des Kriegs. Wenn sich die westliche Seite "jetzt auf das Niveau der russischen Kriegsführung" begebe, sei das "nicht akzeptabel". Die völkerrechtliche Ächtung von Streubomben müsse sich gerade dann bewähren, "wenn die militärische Lage den Wunsch weckt, sie einzusetzen", sagte Bedford-Strohm.
Die Pläne der USA, international geächtete Streumunition an die Ukraine zu liefern, müssen von der Bundesregierung mit allen zur Verfügung stehenden Mitteln verhindert werden. Dies forderte die "Aktion Aufschrei - Stoppt den Waffenhandel!" am Dienstag (11.07.2023) in Berlin und Freiburg. Die USA, die Ukraine und Russland seien dem Übereinkommen über Streumunition (CCM) zwar nicht beigetreten, sagte die Koordinatorin der Kampagne, Susanne Weipert. Aber das humanitäre Völkerrecht verbiete Waffen, die unterschiedslos Kämpfer als auch Zivilisten treffen. Außerdem würden die Blindgänger praktisch zu Landminen, die noch Jahre und Jahrzehnte später zu Verstümmelungen oder dem Tod vollkommen Unbeteiligter führen könnten.
Als Unterzeichner der "Oslo-Konvention", so Weipert weiter, dürfe Deutschland den Einsatz von Streumunition nicht unterstützen. Künftige Waffenlieferungen im Rahmen von Artikel 51 der UN-Charta für die Ukraine müssten daraufhin überprüft werden, ob damit Streumunition eingesetzt werden könne. Dazu zähle auch die Lieferung von Abschussvorrichtungen oder Trägersystemen, wie Panzerhaubitzen. Laut einem UN-Bericht hätten sowohl die Ukraine als auch Russland im vergangenen Jahr Streumunition in von Zivilisten bewohnten Gebieten eingesetzt. Die Bundesregierung müsse sich dafür einsetzen, dass sowohl Russland als auch die Ukraine und die USA dem Übereinkommen über Streumunition (CCM) beitreten, forderte Jürgen Grässlin, Sprecher der Kampagne.
Es sei ein Skandal, erklärte Vincenzo Petracca, ebenfalls Sprecher der Kampagne, dass sich Bundespräsident Steinmeier bei der geplanten Lieferung durch die USA als ‚befangen‘ erkläre. Sogar Großbritannien und Spanien, die andere Kriegsgüter an die Ukraine liefern, hätten sich gegen eine Lieferung von Streumunition ausgesprochen. Kambodscha, das bis heute unter dem Einsatz von Streumunition in den 1970er-Jahren leide, warne die Ukraine vor dieser Waffe. Zu den Trägerorganisationen der Kampagne "Aktion Aufschrei - Stoppt den Waffenhandel!" gehören unter anderem die aktion hoffnung Rottenburg-Stuttgart, das Hilfswerk Misereor, Brot für die Welt - Evangelisches Werk für Diakonie und Entwicklung, der Bund der Deutschen Katholischen Jugend (BDKJ) und Pax Christi.
Zivilbevölkerung schützen
Landesbischof Ernst-Wilhelm Gohl hat in einer Mitteilung an die Presse ebenfalls zur beabsichtigten Lieferung von Streumunition durch die USA an die Ukraine Stellung genommen. Gohl betont, der Einsatz dieser international geächteten Waffen erfülle ihn mit großer Sorge. Er befürchte, "dass er zu einer weiteren Eskalation des Krieges beiträgt und am Ende weitere Menschenleben kosten wird".
Gerade, weil er weiterhin Waffenlieferungen in die Ukraine als letztes Mittel der Selbstverteidigung befürworte, lehne er den Einsatz von Streubomben ab, so Gohl. Der Schutz der Zivilbevölkerung sei für ihn ein sehr hohes Gut. Streubomben sind international geächtet, sie bergen besonders große Gefahren für die unbeteiligte Zivilbevölkerung.