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Montag, 10. Juli, ARD, 23.05 Uhr
TV-Tipp: "ARD History: Hitlers Zentrale des Terrors"
Angesichts des Massenmords durch die Nationalsozialisten ist es schlicht unmöglich, sich sachlich mit dem unvorstellbaren Grauen auseinanderzusetzen. Trotzdem drängt sich die Frage auf, wie es gelingen konnte, dieses millionenfache Töten zu organisieren. Die Antwort ist erschütternd: "Der Tod ist ein Bürokrat aus Deutschland", wie es im Kommentar dieser bedrückenden Dokumentation von Ute Bönnen und Gerald Endres heißt.

Im Zentrum ihres Films steht der in der Nähe des Potsdamer Platz in Berlin gelegene ehemalige Behördenkomplex mit Gestapo-Hauptquartier und Reichssicherheitshauptamt. Hier saßen mit Heinrich Himmler und Reinhard Heydrich die Drahtzieher jener ungeheuerlichen Vorgänge, die jede Vorstellungskraft sprengen. Die Prominenz dieser beiden Männer diente allerdings auch als Alibi: Alle anderen stuften sich später als Mitläufer und Befehlsempfänger ein. Mit Hilfe namhafter Historiker:innen entlarvt der Film diese Behauptung als Lüge.

 

Zeugen der Massaker gibt es nicht mehr, die Täter sind mittlerweile ebenso tot wie ihre Opfer. Umso respektabler ist die Bereitschaft eines Sohns und einer Tochter, über die Untaten ihrer Väter zu sprechen, und auch das ist bezeichnend: Die Mörder haben stets geschwiegen; es sind ihre Kinder, die Zeugnis ablegen.

Etwas enttäuschend ist allerdings die Bebilderung. Es wird viel gesprochen in diesem Film, der daher zwangsläufig größtenteils aus redenden Köpfen besteht. Zur Illustration bedienen sich Bönnen und Endres zeitgenössischer Fotografien und gelegentlicher bewegter Bilder aus Archiven, die aber oft etwas beliebig wirken, zumal sie nicht immer einen konkreten Bezug zum jeweiligen Inhalt haben. Leerstellen füllt das Paar mit eigens produziertem Material, das in der Tat nicht mehr als bloß die Lücken schließt: Finger, die eine Schreibmaschinentastatur oder eine Telefonwählscheibe bedienen. 

Jenseits solcher ästhetischen Bewertungskriterien ist der RBB-Beitrag zur Reihe "ARD History" dennoch sehenswert und wichtig, zumal er nicht zuletzt zu einem Besuch der Dauerausstellung "Topographie des Terrors" anregt. Sie erinnert ebenso wie der Film an die von Polizei und SS begangenen Verbrechen. Organisiert wird sie von einer gleichnamigen Stiftung, die 1992 gegründet worden ist. Damals war der grausige Hintergrund der Trümmerlandschaft mitten in Berlin, "ein Unort im Schatten der Mauer", wie es in dem von Nurcan Özdemir sehr angenehm gesprochenen Kommentar heißt, erst seit Kurzem bekannt. Nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs sind die von den Nationalsozialisten zweckentfremdeten und während des Kriegs beschädigten Gebäude dem Erdboden gleich gemacht worden. 

Ein Akt der Verdrängung, wie er typisch war für jene Jahre: Hinterher wollte niemand irgendwas gewusst haben. Zwischen 1933 und 1945 war der Gebäudekomplex dagegen berüchtigt: Die Menschen in Berlin wussten, was es hieß, wenn im Keller des Gestapo-Hauptquartiers "verschärfte Vernehmungen" vorgenommen wurden. Eine rechtliche Grundlage brauchten die Staatsterroristen nicht, ihre Mitglieder konnten nach Lust und Laune Leute in "Schutzhaft" nehmen; entsprechende denunzierende Hinweise aus der opportunistischen Bevölkerung gab es zur Genüge, und wenn es sein musste, wurden Gegner des Regimes aus dem neutralen benachbarten Ausland entführt. 

Bönnen und Endres gehen auch der Frage nach, warum sich so viele junge Akademiker schon früh der nationalsozialistischen Bewegung angeschlossen haben. In Himmlers Organisation, deren Macht von Jahr zu Jahr wuchs, konnten Männer mit Ehrgeiz rasch aufsteigen. Voraussetzung war allerdings jenes "niemals zu nennende Ruhmesblatt", wie es Himmler 1943 in einer seiner beiden Posener Geheimreden zur "Endlösung der Judenfrage" formulierte: Ein wichtiges Karrierekriterium war die bestandene "Feuertaufe" im Osten. Im Schatten der Wehrmacht sollten Mitglieder von SS und Gestapo für "Ordnung" sorgen. Diese sogenannten Einsatzgruppen, eine "mobile Terror- und Mordelite", wie es ein Historiker formuliert, vollzogen die von Adolf Hitler geforderte "völkische Flurbereinigung".

Selbstredend war es strengstens verboten, diese Massaker zu filmen oder zu fotografieren, allerdings zeigt der Film heimlich entstandene Aufnahmen, die zwar nicht während der Erschießungen, aber unmittelbar zuvor entstanden sind. Trotz der Mitwirkung der Nachgeborenen kommt allerdings zu kurz, wie die Familien der Männer mit diesem Schatten lebten. Die Mörder selbst hatten anscheinend keine Probleme mit ihren Taten: "Wo gehobelt wird, fallen Späne", zitiert die Frau ihren Vater.