Man trete "entschieden für den Schutz des Lebens und für rechtliche Regelungen ein, die diesem Ziel dienen", heißt es in einer am 29.6. veröffentlichten Stellungnahme des Rates der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) zur bevorstehenden Entscheidung des Parlaments. Ebenso trete der Rat für die Selbstbestimmung des Individuums ein, heißt es in dem Papier, das eine konkrete Empfehlung für einen der vorliegenden Gesetzentwürfe vermeidet.
Es müsse aber klar sein, sich das Leben zu nehmen oder anderen dabei zu helfen, dürfe nicht zur "gesellschaftlichen Normalität" werden, betonte die EKD-Ratsvorsitzende Annette Kurschus. Deshalb brauche es zuallererst gesetzliche und außergesetzliche Regelungen zur Stärkung von Suizidprävention sowie Palliativmedizin- und pflege.
Der Bundestag soll laut aktueller Tagesordnung am 6. Juli darüber entscheiden, wie nach einem grundlegenden Urteil des Bundesverfassungsgerichts die Hilfe bei der Selbsttötung ermöglicht und reguliert werden soll. Es gibt dazu zwei Regelungsvorschläge.
Die Gruppe der Abgeordneten Katrin Helling-Plahr (FDP) und Renate Künast (Grüne) betont in ihrem Vorschlag das Recht auf selbstbestimmtes Sterben und will die Vergabe von tödlich wirkenden Medikamenten nach einer Beratung ermöglichen. Die Gruppe um Lars Castellucci (SPD) und Ansgar Heveling (CDU) betont dagegen eher den Lebensschutz und macht neben einer Beratung auch eine psychiatrische oder psychotherapeutische Begutachtung zur Voraussetzung für eine straffreie Abgabe solcher Mittel.
Die EKD betont in ihrer Stellungnahme, dass im Falle einer Entscheidung für einen assistierten Suizid in einer Grenzsituation zur Achtung vor dem einzelnen Menschen gehöre, "die Umsetzung dieser Entscheidung im Rahmen des Rechts zu ermöglichen, dieser Person vorurteilsfrei zu begegnen und sie seelsorgerlich zu begleiten". Weiter heißt es: "Für diese Begleitung steht die evangelische Kirche bereit."
2015 hatte sich die evangelische Kirche zusammen mit der katholischen Kirche für das letztlich vom Bundestag verabschiedete Gesetz zum Verbot geschäftsmäßiger Förderung der Hilfe bei der Selbsttötung ausgesprochen. Dieses Gesetz hatte das Bundesverfassungsgericht 2020 gekippt. Infolge des Urteils gab es in der evangelischen Kirche erneut eine kontroverse Diskussion über die ethische Zulässigkeit dieser Form von Sterbehilfe. Die katholische Kirche befürwortet in der aktuellen Debatte den Vorschlag der Gruppe um Castellucci und Heveling.