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8. März, 3sat, 20.15 Uhr
TV-Tipp: "Die Unbeugsamen"
"Die Unbeugsamen" hat der vielfach dekorierte Dokumentarfilmer Torsten Körner sein Werk genannt. Es ist eine Hommage an all’ jene, die Angela Merkel in der Bonner Republik den Weg geebnet haben, als sie die Chuzpe besaßen, sich einzumischen.

Politik, hat die spätere SPD-Ministerin Käte Strobel einst gesagt, "ist eine viel zu ernste Sache, um sie den Männern zu überlassen." Der Satz stammt aus dem Jahr 1959. In gewissen Kreisen ist es allerdings bis heute nicht selbstverständlich, dass Frauen nicht nur mitbestimmen wollen, sondern sogar Freude an der Macht empfinden. Das wird auch von den Geschlechtsgenossinnen mitunter nicht ohne Argwohn zur Kenntnis genommen: als ob das Streben nach Macht etwas Verwerfliches sei. Aber wer keine Macht hat, sagt die frühere Bundestagsvizepräsidentin Renate Schmidt (SPD), "ist ohnmächtig"; und Ohnmacht ist, frei nach Franz Müntefering, Mist.

"Die Unbeugsamen" ist eine Hommage an all’ jene, die Angela Merkel in der Bonner Republik den Weg geebnet haben, als sie die Chuzpe besaßen, sich einzumischen. Das galt vor allem für die Zeit nach 1983, als die Grünen erstmals in den Bundestag gewählt wurden und mit unvergessenen Redebeiträgen maßgeblichen Anteil daran hatten, dass sich die deutsche Politik langsam, aber sicher wandelte. Körner (Jahrgang 1965) berücksichtigt aber keineswegs nur Frauen aus den damals noch linksorientierten Parteien: In der Unionsfraktion hatten Politikerinnen einen ungleich schwereren Stand.

Der Autor und Regisseur, für "Schwarze Adler" (2021), einen Film über deutsche Fußballerinnen und Fußballer mit dunkler Hautfarbe, mit dem Grimme-Preis und dem Deutschen Fernsehpreis ausgezeichnet, hat mit gut einem Dutzend Zeitzeuginnen gesprochen und ihre Aussagen durch viel zeitgenössisches Material ergänzt.

Die stets schlüssige Montage ergibt ein Bild, das ähnlich erschreckend ist wie die Diskriminierungen der Sportlerinnen und Sportler. Sexismen waren im Bundestag an der Tagesordnung, sexuelle Übergriffe keine Seltenheit. Die entsprechenden Berichte klingen wie Erzählungen aus einer anderen Zeit, was ja auch stimmt, einerseits. Andererseits erlebt das Land spätestens seit dem Einzug der größtenteils rechtsextremistischen AfD in die Parlamente einen Rückfall, was die Verbalinjurien angeht, und sexuelle Belästigung gibt es nach wie vor.

Dies ist, wenn überhaupt, die einzige Schwachstelle an Körners ansonsten stellenweise mitreißendem, oft auch sehr berührendem Film: Er öffnet zwar ein Fenster in die Vergangenheit, dreht sich aber nicht um, um auch einen vergleichenden Blick auf die Gegenwart zu werfen. Vielleicht hat ihm das einfach nicht ins Konzept gepasst. Außerdem hätte er dann womöglich an anderer Stelle kürzen müssen.

Es wäre in der Tat schade um jede Sekunde gewesen, die das Werk auf diese Weise verloren hätte, zumal viele seiner Gesprächspartnerinnen bleibende Eindrücke hinterlassen. Natürlich ist auch das Wiedersehen mit prägenden Politikerinnen von einst, die nicht mehr in der Öffentlichkeit präsent sind, sehr interessant. Anders als die Kollegen verstehen es Frauen offenbar ungleich besser, beizeiten loszulassen und sich zurückzuziehen, aber ihre Stellungnahmen machen deutlich, dass sie nach wie vor etwas zu sagen haben.

Sehr erfrischend ist zum Beispiel die Begegnung mit Christa Nickels (Jahrgang 1952), Gründungsmitglied der Grünen in NRW und von 1983 bis 2005 mit kurzen Unterbrechungen Bundestagsabgeordnete. Körner dokumentiert zwei Redebeiträge im Zusammenhang mit Debatten um den Nato-Doppelbeschluss (1983), als sie Helmut Kohl im Gedenken an den Abwurf der Atombombe auf Hiroshima eine Kette aus tausend gefalteten Papierkranichen überreichte, und die erste Wehrmachtssausstellung (1997), als sie auf bewegende Weise von der Beteiligung ihres eigenen Vaters berichtete. Ähnlich eindrucksvoll sind die Erinnerungen von Ingrid Matthäus-Meier; die FDP-Abgeordnete empfand es 1982 als Verrat, als ihre Partei zugunsten von CDU/CSU die sozialliberale Koalition aufkündigte.

Einige Mitwirkende sind zwischenzeitlich in Vergessenheit geraten, zumal manche mittlerweile hochbetagt sind, aber andere wirken heute noch so tatkräftig, wie sie in Erinnerung geblieben sind. Rita Süssmuth zum Beispiel war lange für viele Frauen in der CDU ein Vorbild. Von Helmut Kohl 1985 als zweite Ministerin (Jugend, Familie und Gesundheit) in sein Kabinett gerufen, erwies sie sich die Professorin für Erziehungswissenschaft und spätere Bundestagspräsidentin als längst nicht so still und loyal, wie der Kanzler das offenkundig erwartet hatte.

"Die Unbeugsamen" schließt mit einigen Gesprächen der Damen untereinander. Auch davon hätte Körner gern mehr bringen können; mit hundert Minuten ist der Film ohnehin fast noch zu kurz.