Phillip und Cornelia Heidegger aus Augsburg sind seit über 20 Jahren ein Paar - und seit mehr als zehn Jahren standesamtlich verheiratet. Für die kirchliche Hochzeit aber war einfach keine Zeit: Ihre drei Kinder kamen auf die Welt, beruflich gab es viele Veränderungen, erzählt der Informatik-Professor. Dann hörten sie davon, dass in der Schlosskirche im oberbayerischen Neuburg an der Donau Spontanhochzeiten angeboten werden.
Erst hätten sie darüber nur Spaßes halber diskutiert, berichtet Heidegger. Am Abend vorher hätten sie dann doch ein langes und intensives Gespräch geführt: "Weil etwas spontan und unkompliziert ist, heißt es ja nicht, dass etwas weniger wichtig ist", erzählt er weiter.
Zum Tag der Trauung kamen sie gut gekleidet, auch eines der Kinder war dabei. Es sei wie eine Bestätigung und ein Versprechen gewesen, "dass wir die Beziehung weiterführen wollen, dass wir ein Leben lang zusammenbleiben wollen - auch im veränderten Kontext", erläutert er. Und: "Ich habe mich sehr verbunden mit meiner Frau gefühlt, weil wir es spontan gemacht haben und es etwas ganz Besonderes war."
Das war vor wenigen Monaten in Neuburg an der Donau. Damals wurden im Rahmen eines Gemeindeprojektes Spontanhochzeiten in der Schlosskirche angeboten. Es kamen sechs Brautpaare, meist mittleren Alters und bereits standesamtlich getraut, berichtet Pfarrer Jürgen Bogenreuther. Dass auch ein Paar extra aus Augsburg angereist kam, habe ihn besonders gefreut.
In der bayerischen evangelischen Landeskirche gilt das Gemeindeprojekt als erfolgreich, weshalb die Service-Stelle Segen es aufgegriffen hat und zum ersten Mal bayernweit anbietet: Am 23.3.23 können sich liebende Paare in zwölf Kirchen Bayerns spontan trauen lassen - ohne jede Voranmeldung. Es sind Kirchen darunter, die schon immer gerne als Hochzeitskirche gewählt wurden, zum Beispiel die Dreieinigkeitskirche in Regensburg.
Das Motto "Einfach heiraten"
Das eingängige Hochzeitsdatum soll ein Angebot für Paare sein, "die das große Tamtam nicht wollten oder die Gelegenheit für eine kirchliche Trauung bisher nicht hatten", erläutert Pfarrerin Gabriele Kainz von der Cityseelsorge in Regensburg. Unter dem Motto "Einfach heiraten" könnten sie sich nun unkompliziert Gottes Segen für ihre Partnerschaft geben lassen.
Viele kirchliche Hochzeitspläne hätten während der Pandemie verschoben werden müssen, diese könnten jetzt nachgeholt werden. Deshalb wird Kainz zusammen mit ihrem Kollegen Magnus Löfflmann an diesem Tag 14 mögliche Trautermine in der fast 400 Jahre alten Dreieinigkeitskirche in Regensburg anbieten. Wenn nötig, wollen sie auch eine Nachtschicht einlegen.
Sportlich dürfte es für die beiden Seelsorger auch aus einem anderen Grund werden. Für jedes Paar haben sie eine halbe Stunde Zeit: Nach einem kurzen Vorgespräch, in dem sie das Paar näher kennenlernen können, geht es bereits vor den Traualtar: Persönliche Ansprache, kirchlicher Segen, dazu selbst gewählte Klaviermusik und auch Gäste seien möglich: In 20 Minuten soll die feierliche Zeremonie vorüber sein. "Ich pumpe schon mal meine Segenshände und laufe im Talar Marathon, damit ich am 23.3. nicht aus der Puste komme", scherzt Löfflmann.
Das Angebot richte sich an alle Paare, die standesamtlich getraut sind und bei dem einer der beiden Partner evangelisch ist. Einen Dispens von katholischer Seite, sollte das Paar gemischt konfessionell sein, sei an diesem Tag nicht nötig.
Auch LGBT-Paare und Ehejubilare willkommen
Ausdrücklich willkommen seien auch LGBT-Paare oder auch Ehejubilare, die ihr Trau-Versprechen erneuern wollten. Sogar Menschen, die nicht Mitglied einer Kirche seien, könnten den Segen Gottes erhalten. "Wenn nicht spontan, wie sonst sollen heiliger Geist und Segen funktionieren", sagt Löfflmann.
In Augsburg will auch Regionalbischof Axel Piper in der St. Annakirche Paaren den Segen spenden, in Nürnberg in der Egidienkirche Regionalbischöfin Elisabeth Hann von Weyhern. In Regensburg steht auch Regionalbischof Klaus Stiegler für Trauungen bereit: "Beim kirchlichen Segen thematisiert sich für uns als Kirche sehr viel", sagt er. Erst seit dem Konkordat von 1871, das eine Trennung von Kirche und Staat zum Ziel hatte, brauchen Paare zusätzlich zur kirchlichen Trauung auch den staatlichen Trauschein. Vorher waren die Eheleute allein durch den kirchlichen Segen vor Gott legitimiert.