Der Titel war auch in den beiden anderen Filmen eher allegorisch gemeint: Die von Oliver Wnuk erdachte und gespielte Hauptfigur Freddy Kleemann ist zwar Erzieher, und natürlich spielt der Arbeitsplatz nach wie vor eine wesentliche Rolle, aber in den Geschichten geht es weniger um den Kindergarten, sondern vor allem um das Leben; und das ist, wie einst ein anderer Filmtitel lautete, eine Baustelle. Freddy hat allerdings gleich mehrere Baustellen, die jede für sich eine Herausforderung darstellen. Neue Probleme ergeben sich ohnehin erfahrungsgemäß zuverlässig immer dann, wenn doch eigentlich alles prima läuft.
Eine Qualität von Wnuks Drehbüchern liegt unter anderem darin, den Hauptdarsteller nicht wichtiger zu nehmen als die weiteren Mitwirkenden: Die Tragikomödien sind Ensemble-Filme im besten Sinn, selbst wenn Freddy das Gefühl hat, er muss alles ausbaden, was den anderen widerfährt. Daran ändert auch der Hinweis der hochschwangeren Ehefrau Juliana (Meike Droste) nichts, dass in erster Linie immer noch sie das dritte Kind des Paares zur Welt bringen wird, was wiederum der Geschichte ein sehr berührendes Ende beschert.
Tilmann P. Gangloff, Diplom-Journalist und regelmäßiges Mitglied der Jury für den Grimme-Preis, schreibt freiberuflich unter anderem für das Portal evangelisch.de täglich TV-Tipps und setzt sich auch für "epd medien" mit dem Fernsehen auseinander. Auszeichnung: 2023 Bert-Donnepp-Preis - Deutscher Preis für Medienpublizistik (des Vereins der Freunde des Adolf-Grimme-Preises).
Bis dahin müssen die beiden jedoch eine ganz andere Aufgabe meistern, denn Freddys Vater wird mehr und mehr zur Belastung. Ein Menschenfreund war der alte Fritz (Siemen Rühaak) vermutlich ohnehin noch nie, zumal das Verhältnis der beiden viele Jahre lang schlicht nicht existent war. Davon hat 2020 der noch in Konstanz spielende erste Film erzählt (damals mit Peter Prager). Mittlerweile hat er immer häufiger bedenkliche Aussetzer. Durch die Demenz, erklärt Juliana den Kindern, entwickelten sich Erwachsene zurück zum Baby: "Manche Abschiede dauern länger". Freddy entschließt sich schweren Herzens, nach einem Heimplatz zu suchen, was gar nicht so einfach ist, weil der eigenwillige Fritz an allen Einrichtungen etwas auszusetzen hat.
Auch das war von Anfang an ein Merkmal der Reihe: Werden die Kapriolen des Daseins aus Sicht der Betroffenen geschildert, sind sie selten komisch; deshalb hat Wnuk seine Rolle auch nicht komödiantisch konzipiert. Lustig wird es zwischenzeitlich trotzdem, weil zum Beispiel das Verhalten der Väter bei der Renovierung der Berliner Kita "Krabbelkasten" an einen typischen Sandkastenstreit erinnert, mit dem Unterschied, dass bei den Großen die Polizei kommt; und das blaue Auge hat anschließend ausgerechnet der Streitschlichter.
Für Heiterkeit sorgen auch die Versuche der Kinder, einen Partner für Julianas Mutter Regina (Hedi Kriegeskotte) zu finden; auch dieser Handlungsstrang führt zu einem überraschenden Ende. Die fließende Verknüpfung dieser Ebenen ist eine weitere Qualität des Drehbuchs: Die Struktur ist episodisch, wirkt aber nicht so.
"Vaterfreuden" funktioniert zwar auch ohne Kenntnis der beiden anderen Teile, erfreut aber durch kleine Parallelen. Im ersten Film führte Freddy ein klärendes Gespräch mit Tochter Zoe (Sophie Reiling) in einem Ruderboot auf dem Bodensee, diesmal gibt es eine ganz ähnliche Szene auf einem Berliner See, nun mit Fritz.
Nicht geändert hat sich die Rollenverteilung: Freddy ist zwar der Sohn, aber der Vater ist auf dem Weg zurück in die Kindheit, wie ein Demenztest belegt. Besonders eindrücklich sind die Momente, in denen Bildgestaltung und Sounddesign nahelegen, dass die Dinge im Kopf des alten Herrn durcheinander geraten sind. Mitunter wird’s auch witzig: Fritz hat Geburtstag, Regina hat einen Kuchen gebacken und beschwert sich über seine Undankbarkeit, was prompt in eine kleine Tortenschlacht ausartet. Purer Slapstick ist eine anarchische Befreiungsaktion von Fritz, die dazu führt, dass Freddy im nächtlichen Garten mit nacktem Hintern auf Hühnerjagd gehen muss, während sein Vater rumgrölt. "Ein Irrenhaus", kommentiert Regina.
All’ diese Einfälle können jedoch nur vorübergehend kaschieren, wie tragisch dieser Teil der Handlung im Grunde ist. Für Reginas Rolle gilt das zwar nicht, aber diese Ebene hat ebenfalls einen ernsten Kern: Julianas Mutter will nicht bloß Zaungast im Leben ihrer Tochter sein, sondern selbst wieder eine Hauptrolle spielen. Wirklich unbeschwert sind daher tatsächlich nur die wenigen Szenen mit den gut geführten Kita-Kindern (Regie: Sinje Köhler). In den ehelichen Diskursen geht es dagegen um grundsätzliche Fragen, an denen eine Beziehung auch schon mal scheitern kann.
Deshalb ist die Geschichte von Familie Kleemann trotz des versöhnlichen Schlussbilds auch noch längst nicht auserzählt. Wnuks Drehbuch für Teil vier ist bereits fertig, es fehlt nur noch das Grüne Licht der für die Freitagsfilme zuständigen ARD-Tochter Degeto.