Verhütung kostet Geld: Das können 20 Euro für eine Verhütungspille sein oder mehrere hundert Euro für eine Spirale. In der Regel müssen Frauen, die eine ungewollte Schwangerschaft vermeiden wollen, die Kosten für verschreibungspflichtige Verhütungsmittel selbst bezahlen. Die gesetzlichen Krankenkassen übernehmen die Kosten nicht.
Weil sich der Kreistag in der Ruhrgebietsstadt Recklinghausen nicht damit zufrieden geben wollte, dass vor allem einkommensarme Frauen weniger sicher verhüten, gründete er einen Fonds. Mit ihm werden seit zwei Jahren Frauen mit einem geringen Arbeitseinkommen sowie Empfängerinnen von Sozialleistungen verschreibungspflichtige Verhütungsmittel erstattet. Solche Geldtöpfe gibt es auch in anderen deutschen Städten und Gemeinden.
Im Kreis Recklinghausen stehen jährlich 60.000 Euro zur Verfügung. Die 42.000 Euro, die pro familia daraus in diesem Jahr verteilen kann, sind bereits seit August ausgegeben. Der Verband fordert deshalb, dass Verhütungsmittel Kassenleistung werden.
Bei der Bundesregierung stößt pro familia damit auf offene Ohren. Im Koalitionsvertrag heißt es: "Wir wollen Krankenkassen ermöglichen, Verhütungsmittel als Satzungsleistung zu erstatten. Bei Geringverdienenden werden die Kosten übernommen." Satzungsleistung bedeutet, dass die Kassen die Kosten übernehmen können, wenn sie das wollen.
Einkommen bestimmt Verhütungsmethode
Dass Frauen mit wenig Geld mitunter bei der Verhütung sparen, hat eine Studie im Auftrag der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA) bereits im Jahr 2016 herausgefunden. Birgit Schoppmeier-Krügener (64), Leiterin der pro familia-Beratungsstelle in Recklinghausen, kann das bestätigen: "Viele Frauen in der Schwangerschaftskonfliktberatung sagen uns, dass sie kein Geld für die Verhütung hatten. Manche haben deshalb zum Beispiel einen Monat mit der Pille ausgesetzt. Oder sie nutzen kostenlose Verhütungs-Apps auf dem Handy. Die sind unserer Erfahrung nach aber nicht sehr genau. Damit haben wir hier in der Beratungsstelle sehr viele ungeplante, ungewollte Schwangerschaften."
Welche Verhütungsmethode Menschen wählten und wie regelmäßig sie verhüteten, hänge mit ihrem Einkommen zusammen. "Das spitzt sich noch mal zu, wenn das Geld in der Inflation weiter knapp wird", sagt Schoppmeier-Krügener.
Apps sind nicht sicher
Die Anti-Baby-Pille, einst Symbol sexueller Selbstbestimmung, hat insgesamt an Beliebtheit eingebüßt. So lag der Anteil der gesetzlich versicherten Frauen, denen sie verordnet wurde, laut AOK 2010 bei 46 Prozent, 2021 nur noch bei 32 Prozent. Eine Erklärung könne sein, dass immer mehr jungen Frauen bewusst sei, dass die Pille in den Hormonhaushalt eingreift und Nebenwirkungen haben könne, sagt AOK-Ärztin Eike Eymers. Viele Kombinationspräparate seien mit einem erhöhten Risiko für Thrombosen und Embolien verbunden.
Manche Frauen sparen Geld, indem sie auf kostenlose Verhütungs-Apps zurückgreifen. Diese funktionieren wie moderne Versionen der Kalender- oder Temperaturmethode: Die Nutzerinnen füttern sie mit - teils sehr intimen - Daten, aus denen die Künstliche Intelligenz fruchtbare und unfruchtbare Tage errechnet.
Doch das ist nicht ohne Risiko: Weil die Tage bis zum nächsten Eisprung einfach nur gezählt werden, gilt die Kalendermethode als äußerst unzuverlässig, heißt es bei der Techniker Krankenkasse (TK). "Eine App allein ist noch kein Verhütungsmittel", warnt sie. Auch Apps, bei denen die Nutzerin ihre Körpertemperatur nach dem Aufwachen und manchmal auch weitere Symptome eintragen muss, seien auf dem Handy nicht sicherer als die altmodische Erfassung dieser Daten mit Zettel und Stift.