Pflegerin steht am Krankenhausbett einer Patienin in der Intensivemedizin
© Steffen Schellhorn
Künftig soll es Regelungen für eine Triage geben: Damit sollen bei Bettennotstand im Krankenhaus keine alten oder behinderten Patienten benachteiligt werden. (Archivbild)
Ethik der Gleichbehandlung
Triage-Regelung im Krankenhaus kommt
Stehen in einer Pandemie nicht genügend Betten oder Beatmungsgeräte für alle Patienten bereit, müssen Ärzte die schwere Entscheidung treffen, wer behandelt wird. Der Gesetzgeber soll nun Kriterien dafür festlegen.

Zusammen mit den Corona-Regeln für den Herbst hat die Bundesregierung eine Regelung für den Umgang mit knappen medizinischen Ressourcen im Fall einer Pandemie auf den Weg gebracht. Das Bundeskabinett billigte am Mittwoch in Berlin einen Entwurf für ein Gesetz, das die Benachteiligung behinderter und hochaltriger Menschen in solchen Notlagen ausschließen soll. Das Bundesverfassungsgericht hatte im Dezember vergangenen Jahres eine entsprechende Regelung verlangt. Über das ethisch sensible Thema muss noch der Bundestag beraten und entscheiden.

Der Gesetzentwurf von Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) schreibt vor, dass alle Patienten und Patientinnen im Falle knapper medizinischer Ressourcen gleichbehandelt werden müssen. Maßgebliches Kriterium bei der Entscheidung, wer etwa an das einzige verfügbare Beatmungsgerät angeschlossen wird, wäre demnach die aktuelle und kurzfristige Überlebenswahrscheinlichkeit. Weitere Erkrankungen dürften in der aktuellen Lage nur eingeschränkt berücksichtigt werden, Kriterien wie Alter, Behinderung und Grad der Gebrechlichkeit gar nicht.

Die Entscheidung über die Zuteilung muss den Plänen zufolge von mehreren Ärzten getroffen werden. Ausdrücklich ausgeschlossen werden soll nach Angaben des Gesundheitsministeriums die sogenannte Ex-Post-Triage, bei der einem Patienten, der bereits in Behandlung ist, die Therapie entzogen wird, um sie einem anderen Patienten mit besserer Überlebenswahrscheinlichkeit zugutekommen zu lassen. Sie ist ethisch besonders umstritten.


"Wer ein Intensivbett benötigt, muss es bekommen - auch in der Pandemie", erklärte Lauterbach. Er werde sich dafür einsetzen, dass Engpässe in der intensivmedizinischen Versorgung gar nicht erst entstehen, "durch konsequente Bekämpfung der Pandemie", sagte er.

Das Bundesverfassungsgericht hatte Ende 2021 entschieden, dass der Staat Ärzten für die Verteilung von schwerstkranken Patienten und Patientinnen auf eine beschränkte Zahl von Klinik-Intensivbetten gesetzliche Vorgaben machen muss und dabei behinderte Menschen nicht benachteiligt werden dürfen. Schon zu Beginn der Corona-Pandemie war über eine Regelung der sogenannten Triage diskutiert worden. Die Politik hatte sich aber dagegen entschieden, den Ärzten per Gesetz Vorgaben zu machen. Die Mediziner richteten sich bislang nach den Empfehlungen der Deutschen Interdisziplinären Vereinigung für Intensiv- und Notfallmedizin (Divi).