Er kennt die Länder und Kirchen im pazifisch-asiatischen Raum sehr gut und hat sich dort mit vielen Menschen angefreundet. Jetzt im Ruhestand schaut Pfarrer Traugott Farnbacher auf ein bewegtes "Missionarsleben" zurück. Was er erlebt hat, prägt sein Denken und Leben bis heute. Nicht nur wegen des Militärputsches in Myanmar vom letzten Jahr ist er voller Sorge.
Geboren ist Traugott Farnbacher 1953 in Nürnberg. Schon seit frühster Kindheit ist er christlich geprägt, engagiert sich als Jugendlicher in der Kirchengemeinde. Ab 1973 folgt das Theologiestudium. Nach seinem ersten Examen kommt er 1979 als theologischer Assistent an das Martin Luther Seminar in Lae in Papua-Neuguinea. Hier ist er ein Jahr lang mit diversen Bildungsaufgaben beschäftigt.
Besonders beeindrucken ihn die weltweit einmalige Zahl an Ethnien und Sprachen innerhalb eines Landes. "Ein Land im Spannungsfeld mit der Moderne, sprudelnde Lebensfreude und die Schönheit dieser Tropeninsel - einfach überwältigend", so beschreibt es Farnbacher.
Faszination für andere Länder und Kulturen
Nach einem Vikariat in Bad Wiessee zieht es ihn wieder zurück in die Pazifikregion: Bei einer sechsmonatigen Forschungs- und Studienreise beschäftigt er sich mit der Begegnung von Kultur und Evangelium. 1983 folgt ein dreijähriges deutsches Intermezzo - er wird Pfarrer im fränkischen Dekanat Altdorf. Er bekommt mehrere Anfragen zu einem Einsatz im Süden des Globus, und schließlich packt ihn wieder seine Faszination für andere Länder und Kulturen.
Das Missionswerk der evangelischen Landeskirche Bayern sendet Farnbacher zur ökumenisch-missionarischen Arbeit in die evangelisch-lutherische Kirche von Papua-Neuguinea. Im Kirchenkreis der Küstenstadt Madang kümmert er sich um Gottesdienste, Unterricht und Seelsorge sowie die Ausbildung von Pastoren.
Fremdheit - auch in Deutschland
Ihn prägen die Zerstörung von Lebensräumen, die überwiegend jugendliche Bevölkerung, die im Einklang mit der Natur lebt und die Liebe der Menschen zu Tanz, Musik und Körperfarben. Das verändert sein Denken und Leben. Seine Frau ist Französin und unterrichtet junge Erwachsene im Bereich Pflege und Soziales. "Unsere drei Kinder wachsen in der Tropenwelt in großer Freiheit auf, aber immer auch als Fremde", blickt der Pfarrer zurück. "Das hat auch ihre Lebensanschauung und -planung nachhaltig geprägt."
1994 geht es für den überzeugten Theologen zurück nach Deutschland. Die ganze Familie muss sich neu orientieren - eine andere Art von Fremdheit und Reintegration bewältigen. 1995 wird Farnbacher theologisch-wissenschaftlicher Assistent an der Augustana Hochschule in Neuendettelsau.1998 schließt er seine missionswissenschaftliche Studie zu evangelischem Christwerden sowie Gemeinde- und Kirchengründungen im Pazifikraum mit dem Doktortitel ab.
Wahr- und ernstnehmen
Danach geht er zum Missionswerk der evangelischen Kirche (heute "Centrum Mission EineWelt"), wird 2003 Leiter einer der drei Auslandsreferate, und zwar für die Beziehungen zu seinem geliebten Papua-Neuguinea sowie Pazifik und Ostasien. Bis zu seinem Ruhestand 2019 ist er mit rund 150 Mitarbeitenden für Partnerschaft, Entwicklung und Mission verantwortlich. Ein Drittel des Jahres auf Reisen, lebt Farnbacher quasi aus dem Koffer. Fünfmal pro Jahr vertieft er vor Ort die Kontakte zu 20 partnerschaftlich verbundenen Kirchen und Institutionen der bayerischen Landeskirche.
Unvergessen ist ihm, wie er zum 500. Jubiläum der Reformation zu einem ökumenischen Symposion am Pacific Theological College in Fiji fuhr. Das Taxi fuhr mit seinem Dokumentenkoffer einfach weg, so dass er bei seinen Vorträgen improvisieren musste.
Weitere Aufgaben waren Gemeindeaufbau, Mitarbeiterbegleitung, Bildungsaufgaben und Entwicklungsprojekte. "Immer neu mit den lokalen Partnern um passende Lösungen zu ringen, und bei alledem aus dem Koffer zu leben, war anspruchsvoll", sagt Farnbacher heute. "Bei dem ständigen Ankommen und Neuaufbrechen das Gegenüber wirklich wahr- und ernst zu nehmen, waren große Herausforderungen."
Besorgt schaut er derzeit auf Entwicklungen im Pazifikraum: auf Ausbeutung und Zerstörung von Lebensräumen sowie kriegerische Auseinandersetzungen. Seit dem Militärputsch im letzten Jahr ist der Kontakt zu Freunden in Myanmar eingeschränkt. Seit rund 50 Jahren leiden die Menschen dort unter einer Militärherrschaft. Mit dem Putsch vergeht das zarte Pflänzchen einer Demokratiebewegung. Doch das Leid der Menschen wird durch den aktuellen Krieg in der Ukraine überdeckt, gerät hier in Vergessenheit.
Auch der Krieg in der Ukraine treibt Farnbacher um. 2002 hat er als Schifffahrtsseelsorger eine Russin und einen ukrainischen Navigationsoffizier verheiratet. Das war in Odessa, wo heute Krieg ist. "Jeder Christ hat eine Mission, die nicht an Landes- und Kulturgrenzen endet", sagt der Pfarrer.