Zehntausende Menschen sind am Freitag in Deutschland dem Aufruf von "Fridays for Future" zum Klimastreik gefolgt. Allein in Berlin beteiligten sich laut Veranstaltern und Polizei rund 10.000 Menschen an einer Kundgebung und einer Demonstration. In Hamburg gingen laut "Fridays for Future" rund 12.000 Menschen auf die Straße, in der westfälischen Universitätsstadt Münster 7.000 Menschen. Auch in Köln, Frankfurt, Mainz, Stuttgart und Freiburg gab es Demos mit mehreren Tausend Teilnehmern. In Hannover zählte die Polizei am Mittag 1.200 Demonstranten.
Der Klimaforscher Mojib Latif übte in Hamburg Kritik an der deutschen Energiepolitik. "Wir erzeugen Energie wie in der Steinzeit, indem wir Öl, Kohle und Gas verbrennen", sagte der Kieler Meteorologe.
Zum weltweiten Klimastreik der Bewegung "Fridays for Future" waren am Freitag in rund 300 deutschen Städten Aktionen geplant. Bei den weltweit rund 1.000 geplanten Klimastreiks forderten Aktivistinnen und Aktivisten erneut ein Ende der Abhängigkeit von fossilen Energieträgern. Der Streik stand diesmal unter dem Motto "People not Profit", zu Deutsch etwa: "Menschen, nicht Profit".
"Wir streiken heute für Klimagerechtigkeit und Frieden, denn der Krieg zeigt, dass die Abhängigkeit von fossilen Energieträgern unsere Lebensgrundlage zerstört und Kriege befeuert", sagte die Sprecherin der Bewegung, Carla Reemtsma, in Berlin dem Evangelischen Pressedienst. Die Antwort auf das russische Vorgehen in der Ukraine dürfe nicht die Schaffung neuer Abhängigkeiten von anderen autokratischen Regimen sein. Wichtig sei ein Ende der Nutzung von Öl und Gas.
Neubauer: Wir erhöhen Risiko eines Klimakollapses
Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) hatte vor wenigen Tagen im arabischen Emirat Katar über Lieferungen von Flüssiggas verhandelt. Wie sein Ministerium am Freitag mitteilte, sieht Habeck bereits Fortschritte bei den Bemühungen um Unabhängigkeit von russischem Gas, Öl und Steinkohle.
Die Klimaaktivistin Luisa Neubauer kritisierte die Bundesregierung für ihren Umgang mit Energielieferungen. "Wenn man - wie Wirtschaftsminister Robert Habeck - von Putins Gas wegwill und dafür nach Katar reisen muss, steht man vor einer Systemfrage", sagte die Mitinitiatorin von "Fridays for Future" der "tageszeitung" (taz). "Hier wie da finanzieren wir die Gegner der Demokratie und erhöhen das Risiko eines Klimakollapses."
EKD-Rat unterbricht Sitzung für Klimagebet
Der Rat der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) unterbrach am Freitag seine Sitzung für ein Klimagebet. "Es ist höchste Zeit, dass sich etwas ändert", sagte die EKD-Ratsvorsitzende und westfälische Präses Annette Kurschus. Die biblische Botschaft fordere klar dazu auf, die Zerstörung des Planeten aufzuhalten. Sie wünsche sich, dass die Kirchen beim Klimaschutz vorangehen.
Die Klimaaktivisten der Initiative "Letzte Generation" kündigten für Samstag bundesweit weitere Aktionen an. In zahlreichen Städten würden Plakate mit wissenschaftlichen Fakten zur Klimakrise an Gebäuden angebracht, teilten sie mit. Ziel der Aktionen seien Banken, Regierungen und Konzerne, "die weltweit den Ausbau und die todbringende Verwendung fossiler Brennstoffe finanzieren", hieß es.
In den vergangenen Wochen hatte die "Letzte Generation" in mehreren Städten unter anderem durch Blockaden von Hauptverkehrsstraßen und Autobahnen auf sich aufmerksam gemacht.
Auch die Zentren "Gesellschaftliche Verantwortung" und "Ökumene" in der Evangelischen Kirche in Hessen und Nassau (EKHN) hatten dazu aufgerufen, sich dem weltweiten Klimaprotest am Freitag anzuschließen. Im Rahmen der Solidaritätsinitiative "Churches for Future" und der Mitgliedschaft in der Klima-Allianz Deutschland laden die beiden evangelischen Zentren nun Gemeinden und Einrichtungen ein, sich mit Aktionen vor Ort zu engagieren, zum Beispiel auch durch Andachten für die Schöpfung, teilte die EKHN am Montag mit.
Für den Klimastreiktag am 25. März hat die Evangelische Kirche in Deutschaland (EKD) zugleich eine groß angelegte Kampagne zum Thema Klimagerechtigkeit angekündigt. Neben der breiten Öffentlichkeit sollen besonders jüngere Menschen in den sozialen Medien angesprochen werden. Gezeigt werden dort unter dem Motto #KlimaGerechtWerden Menschen, die sich im kirchlichen Kontext für den Klimaschutz besonders engagieren. Infos auf www.ekd.de/klimagerecht.