Die Europäische Union rechnet mit mehreren Hunderttausend Geflüchteten aus der Ukraine - auch der Freistaat bereitet sich vor. Man sondiere gerade die Lage mit den Kommunen, sagte Bayerns Innenminister Joachim Herrmann (CSU) am Freitag. In den Flüchtlingsunterkünften in Bayern seien noch Plätze frei. Er wolle aber nicht ausschließen, dass man nicht auch wieder eine Schulturnhalle mit Feldbetten belege, sagt er mit Blick auf den großen Flüchtlingszuzug 2015.
Auch in München - der Partnerstadt Kiews - sind die Vorbereitungen in vollem Gange. Die Diakonie München und Oberbayern rechnet mit einer "hohen Zahl" an Geflüchteten aus der Ukraine, vor allem mit vielen Älteren und Familien mit Kindern. Bereits seit Monaten steige die Zahl der ukrainischen Flüchtlinge, sagte die Vorständin und Migrations-Expertin Andrea Betz am Freitag dem Evangelischen Pressedienst (epd). Die Diakonie ist zuständig für die Sozialbetreuung im Münchner Ankunftszentrum für Geflüchtete. Dort machten Ukrainer zuletzt die größte Gruppe der Neuankömmlinge aus.
Die besondere Aufmerksamkeit gelte derzeit daher auch den Geflüchteten, die schon hier sind. Denn diese sorgten sich angesichts der "schrecklichen Kriegsbilder" um ihre Angehörigen. In den Migrationsberatungsstellen liefen derweil die Telefone heiß, sagte Betz weiter. Viele Ukrainer in München wollten sich informieren, wie sie ihre Angehörigen hier unterbringen können. Nach epd-Informationen erwartet die Stadt München 2.000 bis 5.000 ukrainische Flüchtlinge. Insgesamt leben 8.000 Ukrainer in der Landeshauptstadt.
Ukrainer:innen können ohne Visum nach Deutschland einreisen
Auch in Nürnberg bereitet man sich "umfassend auch schon für eine kurzfristige Aufnahme" auf ukrainische Geflüchtete vor. Es stünden ausreichend Kapazitäten zur Verfügung, teilte die Stadt Nürnberg auf epd-Anfrage mit. Die Stadt verwies auch darauf, dass Ukrainer "ganz normal" ohne Visum nach Deutschland einreisen und sich 90 Tage hier aufhalten dürften: "Eine Verlängerung um weitere 90 Tage ist kein Problem."
Bei der Unterbringung der Menschen setzt Nürnberg auch auf die ukrainische Community - derzeit leben dort rund 4.200 Männer und Frauen aus der Ukraine, die geflüchtete Angehörige aufnehmen könnten. Außerdem werde bei den Vorbereitungen auch auf Strukturen aus der Zeit von 2015 zurückgegriffen - also die Netzwerke aus Feuerwehr, Hilfsorganisationen und freiwilligen Helfern, teilte die Stadt Nürnberg weiter mit.
Nach den Erfahrungen von 2015, als zeitweise Zehntausende Flüchtlinge vor allem aus Syrien und Afghanistan am Münchner Hauptbahnhof ankamen, sei man aber gut vorbereitet, bestätigte auch Andrea Betz von der Diakonie München und Oberbayern. Sie erlebe von daher auch keine Panik oder Aufgeregtheit bei Kommunen und Wohlfahrtsverbänden, vielmehr eine professionelle Vorbereitung. "Wir können rasch und flexibel reagieren. Wir können zum Beispiel sofort Kleiderspenden organisieren oder über weitere diakonische Player erste humanitäre Hilfe leisten."
Innenminister Herrmann bewertet die aktuelle Lage zu 2015 als "ganz anders". Die Bedrohung der Menschen durch den Krieg in der Ukraine sei so eklatant, dass sich einer Flüchtlingsaufnahme kaum jemand in der Bevölkerung verschließen werde. Das sei etwas anderes, als wenn Menschen wegen Armut aus afrikanischen Ländern flöhen. Zudem lebten in Europa bereits viele ukrainischstämmige Menschen, vor allem in Italien und Spanien. Das erleichtere die Aufnahme, sagte Herrmann. In Bayern leben laut Innenministerium derzeit rund 30.000 Menschen mit ukrainischer Staatsangehörigkeit.