Doch der Traum der Region, 2023 die Landesgartenschau auszurichten, sei mit dem Hochwasser im Juli vergangenen Jahres davon geschwommen, sagt Bazin. Dass er an der Ahr dennoch gebraucht werde, sei ihm allerdings sofort klar gewesen. Als die Flut kam, schaltete Bazin unmittelbar von Landesgartenschau auf Notfallseelsorge um. Inzwischen ist er Koordinator eines siebenköpfigen Teams der Evangelischen Seelsorge und Beratung an der Ahr. Er berät und begleitet Hochwasseropfer.
Dabei kommt Bazin seine langjährige Erfahrung als Seelsorger in Extremfällen zugute. Ende der 90er Jahre hatte der Theologe die Notfallseelsorge in Krefeld aufgebaut und geleitet. Zusätzlich war er Feuerwehrseelsorger und richtete ein sogenanntes SBE-Team (Stressbearbeitung nach belastenden Ereignissen) mit ein, das Einsatzkräfte nach schwierigen Erlebnissen unterstützt. Zuletzt war Bazin als Militärseelsorger tätig gewesen.
Im Rahmen der Landesgartenschau wollte sich der Pfarrer ursprünglich Fragen der Schöpfungsbewahrung und des Klimawandels widmen. "Themen, in denen ich nach der Seelsorge mein zweites Standbein sehe", sagt der 57-Jährige. "Im Ahrtal kommt nun beides zusammen." Zum einen handele es sich bei den Flutereignissen um eine vom Menschen verursachte ökologische Katastrophe.
Zum anderen brauchten die Betroffenen seelsorgliche Unterstützung.
Bazin baute an der Ahr ein multiprofessionelles Seelsorge-Team auf. Neben Theologinnen und Theologen gehören auch eine Trauma-Therapeutin, eine Sozialpädagogin und eine Trauerbegleiterin dazu. Bazin schätzt die Arbeit mit den Kolleg:innen aus verschiedenen Berufen. Das Seelsorge-Team gehöre zu den kompetentesten im Ahrtal, sagt er stolz. "In so einem Team zu sein, macht mich froh und glücklich."
Bazin und seine Kolleg:innen sind im ganzen Ahrtal unterwegs, unter anderem mit dem Beratungsbus des Vereins "AHRche" und im Beratungsbus des Kreises Ahrweiler. Sie stehen als erste Ansprechpartner für Menschen mit Sorgen und Nöten zur Verfügung, begleiten Betroffene aber auch über längere Zeiträume.
Für Bazin steht fest: "Die Menschen hier werden auf Jahre Unterstützung brauchen." Seine Vision für die Zukunft ist daher, feste Anlaufstellen für Betroffene zu schaffen, die zum Beispiel von Kirchen und Wohlfahrtsverbänden gemeinsam betrieben werden könnten. "Denn für einen nennenswerten Teil der Menschen im Ahrtal werden die Flutereignisse ein Lebensthema sein."