Die Vorsitzende des in Hamburg ansässigen Vereins, Nadia Nashir, sagte am Montag dem epd, aufgrund der aktuell schwierigen Sicherheitslage seien derzeit zwar elf der 14 Projekte vorübergehend gestoppt. „Aber unsere Mitarbeiter wollen im Land bleiben und den Menschen weiter helfen.“
Der 1992 gegründete Verein unterhält überwiegend in ländlichen Bereichen Mädchenschulen und Krankenhäuser, baut Brunnen, leistet Nothilfe für Binnenvertriebene und fördert Mädchen und Frauen in extremer Not. Zwei Kliniken etwas außerhalb von Kabul und eine Schule in Kunduz, die der Verein betreibe, arbeiteten derzeit weiter, berichtete Nashir. Alle anderen Projekte befänden sich „in Wartestellung“. Am Montag seien wegen der unsicheren Lage ohnehin viele Geschäfte, Banken, Schulen und Einrichtungen geschlossen gewesen.
Es werde unter einer Taliban-Regierung nicht einfacher werden für die Hilfsorganisationen, sagte die Vereinsvorsitzende: „Es wird alles strenger und konservativer werden, vor allem für die Frauen.“ Aber es sei wichtig, mit den Dorfältesten und wenn nötig auch mit den Taliban im Gespräch zu bleiben. Nashir wies auch die Vermutung zurück, viele Afghanen würden jetzt nach Europa flüchten. „Die Menschen wollen ihr Land nicht verlassen. Das trifft höchstens auf einen ganz kleinen Bruchteil zu.“
Die Vorsitzende, die 1955 in Kabul geboren wurde und mit 20 Jahren nach Deutschland kam, appellierte an die Bundesregierung, sich für Verhandlungen und einen Stopp von Waffenlieferungen in das Land einzusetzen. „Wir brauchen einen politischen Dialog und diplomatische Beziehungen. Wir brauchen finanzielle, wirtschaftliche und politische Hilfe.“ Frieden werde es nur auf dem Verhandlungswege mit den Taliban und allen beteiligten Ländern geben.
Nashir kritisierte die Drohung von Außenminister Heiko Maas (SPD), die Entwicklungshilfe einzustellen, falls die Taliban ein Kalifat in Afghanistan errichten sollten. „Das geht wieder auf Kosten der Zivilisten.“ Die politischen Konflikte dürften nicht auf dem Rücken der Menschen ausgetragen werden. Der nächste harte Winter stehe bevor. „Das wird eine humanitäre Katastrophe.“