Der Wunsch nach einer längeren Auszeit kam Uwe Weinerth in einer persönlichen Krise. "Ich war erschöpft, hatte die Freude am Leben verloren", erinnert sich der Pfarrer an der Speyerer Auferstehungskirche. Hinzu engagierte er sich stark mit seiner Frau in der Flüchtlingshilfe. "Ich bin mal raus" sagte sich der heute 60-Jährige - und nahm ein Sabbatjahr in Absprache mit seiner Kirchengemeinde, dem Dekan und der Speyerer Kirchenregierung.
Weinerth ist einer von derzeit drei Pfarrerinnen und Pfarrer in der pfälzischen Landeskirche, die sich im Laufe ihrer Dienstzeit in Form eines Sabbatjahrs (Ruhejahrs) meist für ein Jahr freistellen lassen. Sie wollen neue Kraft schöpfen, etwas anderes tun: Reisen, sich fortbilden, der Familie mehr Zeit schenken, sich sozial engagieren.
Gehalt wird vorher angespart
Die meisten Pfarrerinnen und Pfarrer, die sich für eine solche bezahlte Auszeit entscheiden, sind zwischen 50 und 60 Jahre alt. Doch auch jüngere Kolleginnen und Kollegen machten ein "Sabbatical", berichtet Pfarrer Thomas Jakubowski, der Vorsitzende der pfälzischen Pfarrvertretung, des Berufsverbandes der Pfarrerschaft in der Pfalz und Saarpfalz. Sie gingen etwa in Elternzeit oder pflegten Angehörige.
Dabei haben diejenigen, die ein Sabbatjahr in Anspruch nehmen, in der Regel über einen Zeitraum von sechs Jahren in Vollzeit Geld angespart, indem sie auf einen Teil des Gehalts verzichteten. Dieses Geld wird während des Freijahres ausbezahlt, auch alle anderen Versorgungsansprüche laufen weiter. Viele Pfarrerinnen und Pfarrer hängen ein Sabbatjahr an das Ende ihrer Dienstzeit - und können somit ohne finanzielle Einbußen früher den Weg in den Ruhestand einschlagen.
Vakanz gut vorbereiten
Ein Sabbatjahr will gut vorbereitet und organisiert sein, betont Jakubowski. Der Pfarrermangel und die Arbeitsverdichtung werde es allerdings immer weniger Pfarrerinnen und Pfarrern ermöglichen, sich länger von ihrer Arbeit loszueisen. Für die zeitweise Vakanz muss eine Vertretung gefunden werden, andere müssen die Arbeit mitmachen.
Die Kirchengemeinden seien nicht immer davon begeistert, wenn Frau Pfarrerin oder Herr Pfarrer ein Jahr lang fehlten, merkt Jakubowski an. Fälle, in denen das Sabbatjahr nicht gewährt wurde, seien ihr jedoch nicht bekannt, informiert Oberkirchenrätin Marianne Wagner, die Dezernentin für das kirchliche Personal der Landeskirche.
Veränderung - neue Energie
Uwe Weinerth hatte die Aufgaben in seiner Gemeinde gut verteilt, bevor er sich als Pilgerwanderer auf den Pfälzer Jakobsweg machte. Zudem reiste er mit seiner Familie nach Norwegen ans Nordkap, besuchte mit seiner Frau die Mutter-Teresa-Schwesternschaft in Indien. "Das Sabbatjahr hat mich verändert", bilanziert der Pfarrer. Seine aufgetankte Kraft habe er "eins zu eins" in seine Gemeindearbeit einbringen können.
Michael Diener möchte nicht soweit gehen, dass sein Sabbatjahr seit vergangenem September ihn zu einem neuen Menschen gemacht hätte. Doch sei es für ihn ein guter Übergang zwischen seinem früheren Amt als Präses des pietistischen Gnadauer Verbands in Kassel und seiner Funktion als neu gewählter Dekan von Germersheim, sagt er. Noch bis Ende August nutzt der 58-Jährige die freie Zeit für Reisen und kümmert sich mehr um seine Familie und Freunde.
"Ich bin dankbar dafür, dass ich mir ein Innenhalten gönnen und den Blick zurück und nach vorne richten kann", sagt der frühere Dekan von Pirmasens, der auch dem Rat der Evangelischen Kirche in Deutschland angehört. Corona warf zwar Dieners Traum eines langen Urlaubs in Australien und Neuseeland über den Haufen. Doch flog er mit seiner Frau nach Namibia und schrieb ein Buch, in dem er neue Wege für die pietistisch-evangelikale Bewegung und die evangelische Kirche aufzeigen will.