„Mein Handy explodiert gleich.“ Mit diesen Worten bedankte sich Anna-Nicole Heinrich bei Twitter für die Gratulationen zu ihrer Wahl zur Synodenpräses der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) - und bei der Marburger Richterin und Kommunalpolitikerin Nadine Bernshausen, die ihr unterlag.
Überraschend wählte das Kirchenparlament die 25-jährige Studentin Heinrich an die Spitze. Sie ist die jüngste Präses in der Geschichte und hat damit einen festen Platz im Rat der EKD. Wie ihre prominenten Vorgängerinnen, die Grünen-Politikerin Katrin Göring-Eckardt und die ehemalige FDP-Bundesministerin Irmgard Schwaetzer, sitzt sie damit auf Augenhöhe mit dem EKD-Ratsvorsitzenden Heinrich Bedford-Strohm und weiteren Geistlichen und Laien in dem Leitungsgremium der evangelischen Kirche.
Durch Zufall zum Glauben gefunden
Heinrich studiert im Master Philosophie und verdient ihren Lebensunterhalt nach eigenen Worten mit einer Stelle bei der stellvertretenden Frauenbeauftragten der Universität Regensburg. Zum Glauben kam Heinrich „eher durch Zufall als durch Verstand und Sozialisation“, erzählt sie. Ihre Eltern gehörten keiner Kirche an. Über den Religionsunterricht kam sie in Kontakt zu einer evangelischen Gemeinde. Im Grundschulalter wurde sie getauft.
Als stellvertretende Vorsitzende der Arbeitsgemeinschaft der Evangelischen Jugend und als Jugenddelegierte in der vorhergehenden Synode sammelte sie bereits Erfahrung mit evangelischen Gremien. Die charismatische junge Frau mit Kurzhaarschnitt vertrat selbstbewusst die Anliegen der Jüngeren, forderte Offenheit für neue Formen von Gottesdienst - auch digital. Und sie war Mitglied im Zukunftsteam der Synode, das unter anderem die Ideen für die Zukunft der Kirche formuliert hat.
Team „Heinrich und Heinrich“
Anna-Nicole Heinrich rief die Synodalen am Samstag in ihrer Vorstellungsrede auf, sich „raus aus der Bubble“ zu bewegen - eine Anspielung auf das in der Kirche oft beklagte Schmoren im eigenen Saft. In den im November verabschiedeten Leitsätzen spricht sich die evangelische Kirche dafür aus, sich mehr zu öffnen in die Gesellschaft mit Formaten, die auch kirchlich nicht gebundene Menschen ansprechen, und für Allianzen mit anderen zivilgesellschaftlichen Organisationen. Heinrichs Wahl ist ein Zeichen für den Willen der Kirchenparlamentarier zum Aufbruch.
„Historisch“ nannte der Ratsvorsitzende die Entscheidung am Samstag und sicherte Heinrich eine „Welle der Unterstützung“ zu. Das Team „Heinrich und Heinrich“, wie Bedford-Strohm mit einem Augenzwinkern sagte, wird allerdings nur noch ein halbes Jahr bestehen.
Finanzstrategie umsetzen
Denn Bedford-Strohm will im November bei der Herbsttagung der Synode nicht wieder als Ratsvorsitzender antreten. Dann stehen turnusmäßig Ratswahlen an. Das 15-köpfige Gremium wird neu besetzt. Bislang steht nur Heinrich als neu gewählte Präses fest. Bedford-Strohm, der noch zwei Jahre im Amt als bayerischer Landesbischof hat, will nicht mehr antreten. Wer ihm nachfolgt, ist noch unklar. Mit Bedford-Strohms bisheriger Stellvertreterin und westfälischer Präses Annette Kurschus (58) könnte nach Margot Käßmann zum zweiten Mal eine Frau an die Spitze des Rats gewählt werden.
Neben den Ratswahlen stehen im November auch Beratungen über den Haushalt auf der Tagesordnung. Auch dafür hat die letzte Synode Hausaufgaben hinterlassen. Denn laut der im November beschlossenen Finanzstrategie müssen bis zum Jahr 2030 rund 17 Millionen Euro eingespart werden. Wo der Rotstift angesetzt werden soll, hat die Synode noch nicht final entschieden.
Heinrichs bekennt sich zu den geplanten Reformen. Die Zukunftsprozesse gehörten zu den wichtigsten Themen der neuen Amtsperiode, sagte sie dem Evangelischen Pressedienst (epd). „Wir müssen das Paket, das uns die letzte Synode gepackt hat, jetzt aufnehmen und uns Ziele setzen.“