Seit sich die Synode der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) im vergangenen November mit Einsparmodellen befasst hat, muss die Frauenarbeit der EKD damit rechnen, dass ihr bis zum Jahr 2030 drei Viertel der Mittel gestrichen werden. Noch ist nichts beschlossen, aber es sieht nicht gut aus für das Evangelische Zentrum Frauen und Männer, indem die Frauen EKD-weit verortet sind. Wird die Frauenarbeit mit ihren teils traditionsreichen Verbänden noch gebraucht? Manche meinen, auf EKD-Ebene kaum.
"Was wollen die eigentlich machen ohne die ehrenamtlichen älteren Frauen?", fragt die Vorsitzende der Frauenarbeit, Susanne Kahl-Passoth. Sie und die Geschäftsführerin des Zentrums, Eske Wollrad, machen aus ihrem Ärger keinen Hehl und verweisen darauf, dass es Frauen sind, die das ehrenamtliche Engagement der Kirche tragen - vor Ort vom Besuchsdienst über den Kirchenchor bis hin zum Obdachlosencafé.
Stimme in Kirche und Gesellschaft
Das Zentrum, das dieses Jahr fast eine Million Euro von der EKD erhält, hat mit der Alltagsrealität in den Gemeinden indes nur wenig zu tun. Die Evangelischen Frauen in Deutschland (EFiD) - Dach von 40 Verbänden mit rund drei Millionen Christinnen - arbeiten vor allem politisch: als Stimme der Protestantinnen in Kirche und Gesellschaft, als Teil des politischen Feminismus, als Mitglied im Deutschen Frauenrat. Zu Themen wie Prostitutionsgesetz, Abtreibung und Single-Dasein nahm die Frauenarbeit schon Stellung. Zudem beschäftigen sich die 13 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter mit Genderfragen.
Aus EKD-Sicht ist die Frauenarbeit dennoch künftig in den Landeskirchen und Gemeinden gut aufgehoben, jedenfalls größtenteils. Bei allen Einsparvorschlägen sei es darum gegangen, Parallelarbeit und Doppelstrukturen zwischen Landeskirchen und EKD abzubauen, sagt der theologische Vizepräsident des Kirchenamts, Thies Gundlach. "Was die Frauenarbeit an ehrenamtlicher Arbeit vor Ort leistet, ist imposant. Gerade dies spricht dafür, die Gewichte stärker auf die Landeskirchen zu verschieben."
Frauenarbeit polarisiert
Dagegen regt sich unter den Frauen Widerstand. "Wir haben sehr große Unterstützung bekommen, viele Briefe und Mails, in allen Landeskirchen. Ich glaube nicht, dass es so einfach wird", sagt Eske Wollrad. Zwei Synodenmitglieder hatten im Dezember "Prüfanträge" gestellt, um die Kriterien für die Sparmaßnahme zu hinterfragen. Nach einer Neubewertung in zwei EKD-Ausschüssen, zuletzt Mitte März im Haushaltsausschuss, blieb im Wesentlichen alles beim Alten. Nun muss das Kirchenparlament im Herbst entscheiden.
Abgesehen vom Blick auf Sparmöglichkeiten polarisiert die Frauenarbeit. Theologisch-konservative Kirchenmitglieder stört der starke Fokus auf Genderthemen. Im Zusammenhang mit den Sparplänen habe dies aber keine Rolle gespielt, sagt der EKD-Theologe Gundlach. "Geschlechtergerechtigkeit wird in der EKD sehr wichtig genommen." Das EKD-Studienzentrum für Genderfragen muss daher keine Sparzwänge fürchten. Doch nicht alle Aufgaben des Zentrums für Frauen und Männer lassen sich künftig dorthin übertragen.
Die EKD müsse "anschlussfähig" bleiben in Sachen Genderpolitik, sagt Wollrad, beispielsweise beim Transsexuellen-Gesetz, an dessen Entwurf Grüne und FDP gerade arbeiten, oder in der Debatte über Identitätspolitik: "Wer macht das, wenn das Zentrum nicht mehr da ist?" Das Gender-Studienzentrum, das sich vorrangig um Gleichstellung in der Kirche kümmert, könne dies nicht leisten. Und eine Vertretung im Deutschen Frauenrat sei dieser EKD-Abteilung juristisch gar nicht möglich. Die Frage der Verbandsvertretung soll nun allerdings noch weiter beraten werden.
Die unterschätzte "große Playerin"
Dass gespart werden müsse, sei "kummervoll", räumt der EKD-Vizepräsident Gundlach ein. Doch nun würden Frauen- und Männerarbeit selbst überlegen, wie ihre Zukunft im Rahmen des finanziell Möglichen gestaltet werden kann. Nach schrittweisen Kürzungen soll das Zentrum im Jahr 2030 noch rund 290.000 Euro erhalten. "Die Frauenarbeit braucht eine neue Struktur", sagt Gundlach. Die EKD sei für gute Vorschläge dankbar.
Aber die Frauen geben noch nicht ganz auf. "Noch ist Holland nicht verloren", sagt Kahl-Passoth. Angelika Weigt-Blätgen, Mitglied des EFiD-Präsidiums und des EKD-Haushaltsauschusses, hält die Frauenarbeit als "große Playerin" für unterschätzt. Sie unterstreicht, dass - auch bei starken Sparvorgaben - die kirchliche, politische und zivilgesellschaftliche Vertretung der Verbände bundesweit möglich sein muss. Dies den Landeskirchen überlassen zu wollen, sei "Unfug". Aber das Zentrum, da ist Weigt-Blätgen realistisch, werde wohl nicht überdauern.