Denn der Wunsch nach Selbsttötung sei in den allermeisten Fällen gerade kein Ausdruck von Selbstbestimmung, sondern Ausdruck des Verlusts an Selbstbestimmung, betonte die evangelische Theologin und frühere Münchner Regionalbischöfin im Interview mit der "Augsburger Allgemeinen" (Freitagsausgabe).
Diese Menschen sähen keinen Ausweg mehr und seien gefangen im Gefühl, dass es nur noch die Option des Suizids gebe, sagte Breit-Keßler weiter. "Ich bin davon überzeugt: Menschen, denen es so geht, brauchen Hilfe zum Leben, brauchen Therapie und Unterstützung. Und nicht die Giftampulle." Das Motto der am Samstag beginnenden ökumenischen Woche für das Leben - "Leben im Sterben" - halte sie daher für gut gewählt und hochaktuell.
Gerichtsurteil sei "Irrweg"
Das Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom Februar 2020 kritisierte Breit-Keßler als "Irrweg". Es gehe bei diesem Urteil eben nicht allein um Schwerstkranke mit unerträglichem Leiden, sondern um jeden, der - warum auch immer - sich umbringen will. "Sie alle, so muss man das Urteil des höchsten deutschen Gerichts deuten, haben einen Anspruch darauf, dass es geschäftsmäßig organisierte Anbieter der Beihilfe für ihren Suizid gibt."
Darüberhinaus betonte sie, dass die Frage der Suizidbeihilfe für alle, die sich umbringen wollen, scharf zu unterscheiden sei von der Frage der Sterbebegleitung von schwerstkranken Menschen. Für diese brauche es und gebe es auch passive Sterbehilfe. "Niemand wird gegen seinen ausdrücklichen oder klar erkennbar freien Willen behandelt", sagte Breit-Keßler. Auf lebensverlängernde Maßnahmen werde verzichtet, dafür würden die Menschen palliativ begleitet.
Die "Woche für das Leben", eine Initiative von evangelischer und katholischer Kirche, findet bereits zum 26. Mal statt. Die Aktion will jedes Jahr Menschen in Kirche und Gesellschaft für die Würde des menschlichen Lebens sensibilisieren. Dieses Jahr findet sie vom 17. bis 24. April statt, die bundesweite Eröffnung ist am Samstag im Augsburger Dom.