Verhandlungen über Entschädigungszahlungen an die deutschen Kirchen
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Bei der Ablösung von Staatsleistungen geht es um Entschädigungszahlungen des Staates an die beiden großen Kirchen für Enteignungen kirchlicher Güter und Grundstücke vor allem Anfang des 19. Jahrhunderts.
Experten begrüßen Pläne zur Ablösung der Staatsleistungen an Kirchen
Kirchen kritisieren Faktor 18,6 bei Ablösung von Staatsleistungen
Die Ablösung der Staatsleistungen an die Kirchen ist ein Dauerbrennerthema für die Opposition. Oft wurden ihre Pläne abgelehnt. Jetzt stößt ein Vorschlag auf offene Ohren sogar bei der Koalition. Ob ein Gesetz zustande kommt, ist aber offen.

Verfassungs- und Kirchenrechtler begrüßen den von drei Oppositionsfraktionen im Bundestag vorgelegten Plan zur Ablösung der Staatsleistungen an die Kirchen. "Es ist für die Kirchen kein guter und zukunftsfähiger Zustand, Leistungen aus öffentlichen Kassen zu erhalten etwa für die Besoldung kirchlicher Amtsträger", sagte der Münchener Jura-Professor Stefan Korioth am Montag in einer Anhörung des Innenausschusses des Bundestags. Umgekehrt sei es auch nicht Sache des Staates, dauerhaft Kirchen zu entschädigen, ergänzte er.

Auch die anderen eingeladenen Experten empfahlen dem Gesetzgeber, eine Grundlage für die Ablösung der Zahlungen zu schaffen. Sie verwiesen darauf, dass der Auftrag zur Ablösung der Zahlungen seit 100 Jahren Bestandteil der Verfassung sei. Auf die demonstrative Bitte des Grünen-Abgeordneten Konstantin von Notz an alle sieben Rechtsexperten, es möge jener antworten, der finde, man könne mit einer Regelung weitere 100 Jahre warten, meldete sich keiner der Sachverständigen zu Wort. Bei den Details des vorliegenden Gesetzentwurfs von FDP, Grünen und Linken gibt es aber noch Kritik.  

FDP, Grüne und Linke hatten im vergangenen Jahr einen Gesetzentwurf zur Ablösung der Staatsleistungen an die Kirchen eingebracht. Staatsleistungen erhalten die Kirchen als Entschädigung für Enteignungen kirchlicher Güter und Grundstücke vor allem Anfang des 19. Jahrhunderts. Dabei geht es um Entschädigungszahlungen des Staates für Enteignungen kirchlicher Güter und Grundstücke vor allem Anfang des 19. Jahrhunderts. Der Auftrag, diese regelmäßigen Zahlungen abzulösen, wurde von der Weimarer Reichsverfassung ins Grundgesetz übernommen, bis heute aber nicht umgesetzt. Weitgehend Einigkeit besteht darin, dass die Ablösung durch eine einmalige Zahlung erfolgen muss, gestritten wurde in der Vergangenheit schon über die Höhe. Die Staatsleistungen an katholische und evangelische Kirche summieren sich aktuell auf rund 500 Millionen Euro pro Jahr.

FDP, Grüne und Linke schlagen vor, sich bei der Ablösung am Bewertungsgesetz zu orientieren, das für "wiederkehrende Nutzungen und Leistungen" einen Wert angibt, der das 18,6-fache der jährlichen Zahlungen umfasst. Konkret verhandeln müssen aber die Bundesländer mit den evangelischen Landeskirchen und katholischen Bistümern. Sie müssen die Zahlungen auch leisten, während der Bund ein sogenanntes Grundsätzegesetz als Rahmen vorgeben muss.

EKD-Experte: Bei Höhe der Ablösesumme wird es spannend

Bei der Höhe der Ablösesumme werde es eigentlich spannend, sagte der Leiter des Kirchenrechtlichen Instituts der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), Hans Michael Heinig, in der Anhörung. Die beiden großen Kirchen selbst hatten die Nennung eines konkreten Faktors in einer gesonderten Stellungnahme für die Anhörung kritisiert. Sie verweisen darin darauf, dass in der Vergangenheit einzelne Staatsleistungen mit dem 20- oder sogar 25,7-Fachen abgelöst worden seien.

Auch mehrere Experten empfahlen in der Anhörung, die konkrete Höhe den Verhandlern in Kirchen und Bundesländern zu überlassen, im Gesetz selbst vielleicht nur einen Korridor vorzugeben. "Im Grundsätzegesetz muss nicht alles geregelt werden", sagte der Speyerer Staatsrechtler Joachim Wieland.

Mit dem Gesetzentwurf von FDP, Grünen und Linken würden die Länder in die Pflicht genommen, fünf Jahre nach Verabschiedung mit den Kirchen einen Rahmen der Ablösung zu verhandeln und spätestens 20 Jahre später die Entschädigung zu leisten. Einen weiteren Vorschlag gibt es von der AfD, die die Zahlungen ab 2027 ersatzlos streichen will. Die Experten bewerteten dies überwiegend als verfassungswidrig.

Koalition signalisiert Offenheit

Ob es noch in dieser Wahlperiode zu einem Gesetz kommt, ist offen. Union und SPD signalisierten in einer ersten Debatte im November Offenheit für die Pläne, mahnten aber an, dass auch mit den Ländern zuvor gesprochen werden müsste. Der CDU-Abgeordnete Philipp Amthor bezeichnete den Vorschlag von FDP, Grünen und Linken in der Anhörung als "passabel", der SPD-Abgeordnete Lars Castellucci nannte ihn "gut". Ein Termin für eine Abstimmung im Bundestag über den Entwurf ist noch nicht bekannt.

Der Jurst Korioth warnte davor, ein Gesetz noch weiter zu verzögern auf Rücksicht auf die bereits wegen der Corona-Pandemie belasteten Länderhaushalte. Gerade jetzt sollte die Ablösung weiter verfolgt werden, sagte er und ergänzte: "Jedes Hinauszögern vergrößert im Saldo die finanzielle Last der Länder."