Der für den Herbst geplante Gesetzentwurf zur Ablösung der Staatsleistungen so gestaltet werden, dass der Bundesrat nicht zustimmen muss. Ländervertreter, die das Vorhaben ohnehin ablehnen, kritisieren das. Kirchenrechtler sehen das Vorgehen aber juristisch gedeckt. Die evangelische Kirche hofft auf Einvernehmen aller Seiten. Fachpolitiker arbeiten an einem Gesetzentwurf für den Rahmen der Ablösung, der vom Bund kommen muss, während die Länder anschließend die konkreten Details verhandeln müssten, weil sie die Leistungen zahlen. Die Vorgaben zur Ablösung der Staatsleistungen sollen vage bleiben.
Die Länder sollten selbst wählen, ob sie den Kirchen Geld zahlen wollen, oder ihnen Grundstücke, Wald oder Wertpapiere übertrügen, so der religionspolitische Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion, Lars Castellucci. Nach Worten des Kirchenrechtsexperten Stefan Korioth ist das genau so möglich. "Wenn dieses Gesetz sich auf die Grundsätze beschränkt und den Ländern verschiedene Ablösungswege offen hält, ist das nicht zustimmungspflichtig", sagt der Münchner Professor für Öffenliches und Kirchenrecht dem Evangelischen Pressedienst (epd). Unabhängig davon rät er aber zu Verhandlungen mit den Ländern.
Der Kirchenrechtler Hans Michael Heinig, der auch zur Leitung des Kirchenrechtlichen Instituts der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) gehört, findet sogar, dass die Zustimmungspflicht ausgeschlossen werden muss. "Der Bund ist hier als 'ehrlicher Makler' in der Pflicht, weil die Länder ihrerseits als Schuldner der Staatsleistungen Partei sind", sagt der Jura-Professor dem epd. Bei einem zustimmungspflichtigen Gesetz würde der Bund den Ländern eine "nicht vorgesehene Veto-Position" zugestehen. Die Bevollmächtigte der EKD in Berlin, Anne Gidion, wiederum hofft auf Gespräche zwischen Bund und Ländern. Das Gesetz müsse die berechtigten Anliegen aller Seiten in produktiven Einklang bringen. Sonst führe es zu keiner guten Lösung.
Der Chef der Staatskanzlei in Sachsen-Anhalt, Rainer Robra (CDU), warnt vor einem Alleingang auf Bundesebene. "Es wäre dem deutschen Staatsaufbau angemessener, ein zustimmungspflichtiges Gesetz vorzulegen", so Robra der "Frankfurter Allgemeinen Zeitung". Die Länder würden die Zustimmungspflichtigkeit prüfen und gegebenenfalls rügen. Niedersachsens Ministerpräsident Stephan Weil (SPD) sagte der "Neuen Osnabrücker Zeitung": "Ich kann nur dazu raten, diese Pläne nicht weiterzuverfolgen." Die Haushaltslage in vielen Bundesländern sei "so angespannt, dass Ablösezahlungen an die Kirchen in absehbarer Zeit finanziell schlichtweg nicht darstellbar sind".
Aus der CDU kommt laut "Frankfurter Allgemeiner Zeitung" noch ein anderer Vorschlag. Günter Krings (CDU), der rechtspolitische Sprecher der Unionsfraktion im Bundestag, möchte demnach nicht die Staatsleistungen streichen, sondern den Passus über deren Ablösung im Grundgesetz. "Das Staat-Kirche-Verhältnis hat sich seit 1919 auch ohne Ablösung der Staatsleistungen gut eingespielt", sagt Krings. Daher stelle sich die Frage, ob sich der Verfassungsauftrag nicht überlebt habe. Kirchenrechtler Korioth überzeugt das nicht. Das sei im Wege einer Verfassungsänderung möglich, "aber sehr merkwürdig", sagt er. Seit 105 Jahren bestehe der Auftrag, die Leistungen abzulösen: "Wenn man jetzt dazu überginge, die Staatsleistungen zu perpetuieren, wäre dies eigentümlich."