"Wir gehen davon aus, dass die Kirchen eine wichtige gesellschaftliche Funktion in Niedersachsen erfüllen und in vielen Bereichen wichtige Beiträge erbringen wie Beratung, Seelsorge oder soziale Leistungen", sagte Regierungssprecherin Anke Pörksen am Mittwoch in Hannover. Zuvor hatten die Grünen mit einer Kleinen Anfrage an die Landesregierung eine Ablösung der Staatsleistungen, die von der Kirchensteuer zu unterscheiden sind, ins Spiel gebracht.
Nach Angaben der rot-schwarzen Landesregierung fließen im Jahr 2019 knapp 37,6 Millionen Euro an Staatsleistungen an die evangelischen Kirchen und gut 9,4 Millionen Euro an die katholischen Bistümer. Rechtsgrundlagen dafür sind der Loccumer Vertrag aus dem Jahr 1955 für die evangelische Kirche und das Konkordat aus dem Jahr 1965 für die katholische. Die Verpflichtungen gegenüber den Kirchen bestanden aber schon deutlich früher. Sie gehen auf alte Verträge über Enteignungen zurück. Auch die jüdischen Gemeinden und der Humanistische Verband erhalten Staatsleistungen, allerdings in geringerem Umfang.
Eine Ablösung der Staatsleistungen an die Kirchen würde hohe Kosten verursachen, sagte Pörksen. Es gebe dazu in der Landesregierung jedoch keinerlei Absichten und keine Prüfungen. Zuerst hatte die "Hannoversche Allgemeine Zeitung" über die Grünen-Anfrage berichtet.
Die Grünen verwiesen darauf, dass bereits im Bundestag über die Staatsleistungen debattiert worden sei. Deshalb habe die niedersächsische Fraktion eine Anfrage auf Landesebene gestartet, sagte die Abgeordnete Eva Viehoff. "Wir Grünen befinden uns zu diesem Thema im Bund und in den Ländern in der Diskussion und halten es für notwendig, dass auch hier in Niedersachsen die Debatte geführt wird."
Die hannoversche Landeskirche erhält als größte Kirche in Niedersachsen nach eigenen Angaben in diesem Jahr rund 25 Millionen Euro an Staatsleistungen. Diesem Betrag stünden mehr als 60 Millionen Euro gegenüber, die die Kirche für Zwecke ausgebe, die der ganzen Gesellschaft zugute kämen. Dazu gehörten etwa die Katastrophenhilfe, die Jugendhilfe oder die Hospizarbeit. Landesbischof Ralf Meister betonte: "Die Kirchen leisten mit ihren Angeboten einen umfänglichen Beitrag zum Gemeinwohl."
Die Staatsleistungen an die Kirchen gehen auf die Enteignung und Säkularisierung kirchlicher Güter im Zuge der Reformation und vor allem durch den sogenannten Reichsdeputationshauptschluss von 1803 zurück. Damals verpflichteten sich die Landesherren, die Besoldung und Versorgung etlicher katholischer und evangelischer Würdenträger sicherzustellen. Diese Verpflichtung gilt bis heute. Die Weimarer Reichsverfassung sah die Ablösung dieser jährlichen Zahlungen vor. In der Stadt Bremen wurden keine Kirchen enteignet. Deshalb gibt es dort auch keine Staatsleistungen.